Jahresrückblick 2018 – Top 50 Albums

29.11.2018
Ein Album aufzunehmen ist schon lange keine Geste der Verlegenheit mehr, es kommt immer einem Statement gleich. Das Album ist mittlerweile kein Format mehr, sondern ein Genre, das gemeistert werden will – und das gemeistert wird.
Wir könnten hier schon wieder rumheulen, dass es schlimmer eigentlich nicht kommen könnte, auf der Welt und überhaupt und anderswo. Dann aber säßen wir womöglich nächstes Jahr zur selben Zeit bedröppelt an derselben Stelle und wüssten endgültig nicht mehr, was zu noch sagen wäre. Machen wir uns nichts vor: Musik hilft in Zeiten, in denen alles den Bach herunter zu gehen scheint. Diese abgewrackte Welt wird sie jedoch nicht retten. Trotzdem, und das sagen wir ganz trotzig: Geiler als in diesem Jahr klang sie schon lange nicht. Entgegen allem Kulturpessimismus bewegt sich dieser Teil der Welt zumindest weiter, differenziert sie sich immer mehr aus.

Ein Album aufzunehmen ist schon lange keine Geste der Verlegenheit mehr, es kommt immer einem Statement gleich: Nein, wir pumpen keine algorithmisch normschönen Einzeltracks in die Spotify-Playlists, sondern nehmen uns Zeit, konstruieren Erzählstränge oder toben uns mal richtig aus, weil wir Bock drauf haben. Das Album ist mittlerweile kein Format mehr, sondern ein Genre, das gemeistert werden will – und das gemeistert wird. Mindestens 50 mal in 2018, von Traditionalisten (Freddie Gibbs, Curren$y & The Alchemist oder Roc Marciano) ebenso wie von Rundumerneuerinnen (von Céline Gallian hin zu Jorja Smith). Der Trend geht zur Überlänge (siehe Autechre, Julia Holter, Lonnie Holley, Kilchhofer, Kamasi Washington, Vril oder Djrum), der Trend geht zur Ansage (siehe Cardi B, nochmal Lonnie Holley, Marie Davidson oder Tirza), der Trend geht zu wenn sonst nichts geht, darf alles gehen (siehe Max Graef, RAMZi oder eigentlich alle auf dieser langen Liste voller obskurer Schönheiten).

Macht uns das jetzt alle hoffnungsvoller für das kommende Jahr? Vielleicht nicht, ganz bestimmt sogar nicht. Aber warum denn auch? Die folgenden 50 Platten sind schließlich keine Beschwichtigungsversuche, sondern Statements gegen die Gesamtscheiße im Hier und Jetzt. Um morgen kümmern wir uns, wenn der Wecker wieder klingelt.


Die Top 50 Albums findest du auch [bei uns im Webshop](https://www.hhv.de/shop/de/jahresrueckblick-2018-top-50-albums-editor-s-choice/i:D2S12SP11438.)

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Amaro Freitas
Rasif
Far Out • 2018 • ab 20.99€
Rhythmus. Rhythmus. Mehr Rhythmus. Der brasilianische Pianist Amaro Freitas nimmt auf seinem Debütalbum »Rasif« das mit dem Perkussiven seines Instruments beim Wort. »In die Tasten hauen« hat bei ihm nichts Kumpelig-Anbiederndes, sondern wird etwas Nervöses, Kantiges, auf hektische Art Virtuoses, bei dem man selbst mitfiebern muss. Und will. Jazz, der auf angenehm ungemütliche Weise eingängig und offen ist – und einen das Klavier fast neu entdecken lässt. TCB

Autechre
NTS Sessions
Warp • 2018 • ab 164.99€
Die »NTS-Sessions« haben zwar »nur« vier Teile, sind aber mit auf die Millisekunde genau acht Stunden Laufzeit länger als die ersten sechs Alben von Autechre zusammen. Eine einmonatige Residency beim Londoner Radiosender NTS nutzten die zwei Klangcoder für gewaltige Konstruktionen generativer Musik, die in Kooperation mit einem Max/MSP-Algorithmus entstanden und über vier Sitzungen hinweg quasi-live dargeboten wurden. Formloser IDM, der sich zwischen Trommelfell und Steigbügel auflöst wie zwanzig Aspirin in einer Espressotasse, zwingt hier zur Auseinandersetzung mit den eigenen Hörgewohnheiten und würde Stockhausen wohl in nackte Entzückung versetzen. Über tausendfach ziselierter Maschinenphonetik taucht dann allmählich die matte Vision einer transhumanen Zukunft auf, die zunächst nur verstört bevor sie nachhaltig fasziniert. Ziemliches Highlight. NS

Bebe Fang
Bebe Fang
Vrystaete • 2018 • ab 23.99€
Ich so zu Philipp Kunze gesagt, er solle mal [Bebe Fang](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/5664/bebe-fang,) checken, weil sehr gut. Er so geantwortet: Wahnsinn. Soundtrack zum Film über den dänischen U-Boot-Häcksler. Ich gerafft, dass ein ehrliches »Touché« besser ist, als hier nochmal ellenlang auszuführen, warum das die Atmosphäre dieses Albums viel zu perfekt trifft. FA

Ben Bertrand
NGC 1999
Les Albums Claus • 2018 • ab 18.99€
Wie einflussreich Jon Hassell nach wie vor ist, lässt sich unter anderem auch an Ben Bertrands »NGC 1999« ablesen, eine verhuschte Bassklarinetten-Suite, die klassischen Minimalismus aus der Philharmonie abholt und in einem Opiumzelt in Manila absetzt. Muss man alleine schon für die A2 besitzen. FA

Cardi B
Invasion of Privacy
Atlantic • 2018 • ab 36.99€
Es wurde viel über Cardi B und den American Dream kraftgemeiert, noch mehr über die von Nicki Minaj allergischst aufgenommene Thronablösung, über »Bodak Yellow« und das Relationship-Gecute inklusive Sidechickeritis mit Offset sowieso. Vielleicht mal wieder Zeit trocken zu betonen was »Invasion Of Privacy« für ein Pfund von einem Album gewesen ist. FA

Celine Gillain
Bad Woman
Drama • 2018 • ab 20.99€
Ihre Vinyl 7″ auf Lexi Disques war 2017 vielleicht die Neuerscheinung, die ich am meisten gehört habe, jetzt zog Céline Gillain mit »Bad Woman« mit einem Mini-Album nach, das es ähnlich wie MB Jones’ erste Platte auf Drama schafft, manchmal nach heute, selten nach gestern, aber auch nicht notwendigerweise nach morgen zu klingen. Seltsame Popmusik, vielleicht das kostbarste Gut gerade. FA

Chevel
Always Yours
Different Circles • 2018 • ab 18.99€
Dass Mumdance und Logos für das erste Album-Release auf ihrem Label Different Circles ausgerechnet Chevel heranholen würden, war nicht unbedingt abzusehen, ergibt in Dario Tronchins musikalischer Entwicklung jedoch bestechend viel Sinn. Zunehmend wich sein Arthouse-Techno einem unprätentiösen musikalischen Ansatz, der auf »Always Yours« tradierte Rave-Signale ebenso durch den Häcksler schickt wie er Grime bis zur Unkenntlichkeit in seine Einzelteile zerlegt. Für solche Alben wurde das Killasan-Soundsystem gebaut. KC

Cremation Lily
In England Now, Underwater
Alter • 2018 • ab 18.99€
Die Gischt brandet mit stoischer Gelassenheit. Morsches Holz wird an den Strand gespült. Die letzten Überlebenden melden sich über Funk zu Wort. »In England, Now Under Water«. Brexitus dank Klimaerwärmung. Die Schönste in Musik gegossene Dystopie des Jahres kommt von Cremation Lily, Alter SH

Denzel Curry
TA1300
Loma Vista • 2018 • ab 31.99€
Wenn nicht unmittelbar am eigenen Leib erlebt, ist der Krampf moderner Adoleszenz in unserer hypermedialen Ära als Rapper nicht mehr glaubhaft zu thematisieren. Zu schnell die kulturellen Veränderungen, zu wechselhaft jeder mikrosoziale Konsens über das was gerade hip oder square ist. Denzel Curry bringt mit seinen 23 Jahren auf »TA13OO« bei aller street credibility jedoch genug Sensibilität für das bittere Lebensgefühl seiner Generation, sozialen Schicht und Subkultur auf. Glaubhaft wirkt der in Bild und Ton demonstrative politische Nihilismus dieses Südstaaten-Traps daher schon mal – und sollte er wirklich das Etikett »SoundCloud-Rap« brauchen, ist das entweder Resultat unbeholfener Genrefindung, oder einer durch und durch zeitgemäßen Deutung von Hip-Hop. NS

DJ Raph
Sacred Groves
Noland • 2018 • ab 15.29€
Dass DJ Raph erst nach Bayreuth musste, um die Klänge seines Heimatkontinents zu studieren, ist der wohl kürzeste Shortcut zur Geschichte des Kolonialismus überhaupt. Der in Nairobi lebende Produzent sammelte und sampelte sich für »Sacred Groves« einmal quer durch das UNESCO-Weltkulturerbe. Heraus kam eine Platte, auf der sich kulturelle Spannungen zwischen Früher und Heute, Hier und Dort in nervösen Grooves entladen, die auf einer Grime-Nacht in London ähnlich gut aufgehoben wären wie bei einer Footwork-Session in Chicago. KC

Djrum
Portrait With Firewood
R&S • 2018 • ab 32.99€
Gut acht Jahre nach seinem Debüt als Djrum steht Felix Manuel mittlerweile endgültig auf dem ihm gebührenden Platz, heißt, auf einer Aussichtsplattform über dem Treiben des Hardcore Continuums. Wo andere höchstens reaktionär mit Breaks um sich werfen, lässt Manuel sie als Chef-Alchimist mit Klavier- und Streicher-Pathos reagieren. Ein chemischer Prozess, der nicht nur im Herzstück »Sex« auf Knalleffekte abzielt. Beklemmender und schöner klang zuletzt höchstens »Untrue« von Burial – und ein Update von der war dringend nötig. KC

Farai
Rebirth
Big Dada • 2018 • ab 23.99€
Das Debütalbum der in Simbabwe geborenen, in London aufgewachsenen Farai Bukowski-Bouquet reiht sich ein die unzähligen musikalischen Auskotzeinlagen den Zustand des heutigen Großbritannien im Allgemeinen, des Post-Krisen- und Prä-Brexit-London im Speziellen betreffend. Nicht so offen aggressiv wie die meisten Grime-Spezis der Stadt, nicht so indirekt-verkopft wie viele Elektronik-Acts bei Hyperdub und sonstwo. Dafür mit Leichtigkeit changierend zwischen ehrlich wütendem Parolen-Sprechgesang, rau-energiegeladener Produktion und dem Gespür für geile Hooks. SK

Nicola Cruz
Siku Black Vinyl Edition
ZZK • 2019 • ab 26.99€
Während sich alle Welt auf der Suche nach dem nächsten Algorithmen-Wunderwerk durch japanische Backkataloge kramt, wird rund zwei Flugstunden südlich in Taiwan Musik gemacht, die zu Unrecht nicht beachtet wird. Neben der Industrial-Psychedelik von 破地獄 Scattered Purgatory ist »Idol Collapse« vom Trio Forests 森林 das bisher definitive Statement einer Band, die ihren schrottigen Post-Punk-Sound endgültig gegen böse Musik eingetauscht hat, die es unter der Intensität eines Herzinfarkts nicht machen will. Schmerzhaft und alles andere als schön. KC

Hänger-Rap, Verweigerer-Rap, Rap für Menschen, die eigentlich mit Rap nichts mehr zu tun haben wollen. Finde ich prinzipiell als Habitus kacke, hier auf »Fetti« ist aber schon nach dem überragenden Opener klar, dass das Trio [Freddie Gibbs](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/335/freddie-gibbs,) Curren$y und Alchemist ein Rucksack-Album gemacht hat, das man nicht belächeln kann. Siehe auch: Roc Marciano. FA

Garland
Predules #1
Lullabies For Insomniacs • 2017 • ab 19.99€
Nichts genaues weiß man nicht über dieses Duo, [Garland](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/5795/garland,) die sich auf der Datenautobahn zwischen Glasgow und Köln jahrelang die Files hin und her geschoben haben. »Preludes #1« ist ihr Debüt, das erfreulicherweise auf schwache Momente komplett verzichtet. Stattdessen wird alles was an elektronischer Musik meine Neugierde weckt, neu verwertet. SH

Grouper
Grid Of Points
Kranky • 2018 • ab 20.99€
Nicht einmal eine halbe Stunde braucht Grouper auf »Grid Of Points« und liefert ihren Sound trotzdem so fokussiert, so genau wie seit langer Zeit nicht mehr. Die Songs bewegen sich weiterhin in diesem Zwischenbereich aus Ambient und dunklem Dream Pop, nehmen kurzzeitig eine Form an, um sich wieder zu verflüchtigen. Eine Struktur lässt sich kaum ausmachen. Selten hat es eine Künstlerin so konsequent geschafft, sich in ihren eigenen Werken zu verstecken – und dabei gleichzeitig eine so großartige Atmosphäre zu schaffen. BB

Günter Schickert
Labyrinth
Marmo Music • 2018 • ab 18.99€
[Günter Schickert](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/5593/gunter-schickert,) der Mann mit der Echodrive-Gitarre, hat ein neues Album. Über die Jahre gesammeltes Material, gut abgehangen, vielseitig, von asiatisch anmutenden Gitarrenmelodien über spiralartig sich voranschraubende Synthesizer bis hin zu geräuschartigen Collagen reicht das Spektrum in diesem **»Labyrinth« Die sorgsam geschichteten Loops seines Hauptinstruments gibt es ebenfalls. Einer der wenigen „echten“ Krautrocker, die sich treu geblieben sind und damit immer noch überzeugen. TBC

New Yorks Teilzeit-Rapper/Vollzeit-Feuerwehrmann KA fand nach jahrelanger Selbstproduktion nun mit dem Producer Animoss (of Roc Marciano fame) als Hermit and the Recluse zusammen. KA rappt eigenwillig und einzigartig, sein Rapstyle erinnert an Spoken-Word-Künstler und Animoss’ düster atmosphärische Beats bieten den passenden Nährboden für KAs kaltblütig poetische Delivery und seine messerscharfe Dichtung, die er auf diesem Projekt in den Mantel der griechischen Mythologie hüllt. Kein leichter Snack fürs Spotify-Playlist-Game, sondern ein Album, dessen Zauber sich nur in kompletter Spiellänge entfaltet und getrost als Meisterwerk, als »Film noir im Rapgewand« bezeichnet werden darf! BM

Jay Rock
Redemption
Top Dawg Ent. • 2018 • ab 35.99€
Real Rap ist hier der Teaser. Mir persönlich schmerzt er im Unterleib. Aber es ist whatever, »Redemption« ein großartiges Album. Stones Throw-ismen, Lyrics, Bars und der Geist der Soulquarians sitzt Shotgun im Lo Lo und burnt mad rubber auf dem Boulevard. Als zentrales Thema arbeitet Jay Rock seinen Motorrad-Unfall auf und landet über Ambivalenzen, Introspektionen und Bizeps irgendwann bei »Win«, dieser Hymne, die beim Hören den gleichen Effekt hat, wie der Stern bei Mario Kart: Unsterblichkeit (hier sogar für 3:35). PK

Jean Grae & Quelle Chris
Everything's Fine Colored Vinyl Edition
Mello Music Group • 2018 • ab 28.99€
Ach, voll schön: Kaum waren Jean Grae und Quelle Chris verlobt – sind sie eigentlich schon verheiratet? – erscheint ein gemeinsames Album. »Everything’s Fine« ist ein sarkastisches Statement zum Instagram-Zeitgeist, der Rockstars in Marketing-Agenturen findet, jegliche Andeutungen von Unbehagen und Zweifel in seinen Timelines verbietet und eine haargenau dosierte edginess (oder wie das heißt) durch konsequent lupenrein polierte Brillengläser gucken lässt: Wie machen die das nur? Und dann klingt das auch noch so, wie man sich das nicht bestellte Dr. Octagon-Sequel gewünscht hätte. CN

Jorja Smith
Lost & Found
Famm • 2018 • ab 29.99€
Jorja Smith ist erst 21 – und doch hat sie den Newcomer Status schon fast hinter sich. Kooperationen mit Drake, Kendrick Lamar, Stormzy und Kali Uchi pflastern den Weg zu Ihrem Debütalbum. »Lost & Found« fasst ihr bisheriges Schaffen zusammen und zeigt vielversprechende Perspektiven der noch jungen Karriere auf. In der Tradition von Massive Attack und Portishead bilden knisternder Trip-Hop und Northern Soul die Grundlage für Jorja Smiths leidenschaftliche Stimme, die irgendwo zwischen Amy Winehouse, Adele und FKA Twigs viel viel britishness versprüht. FH

Julia Holter
Aviary Black Vinyl Edition
Domino • 2018 • ab 24.99€
Überforderung auf kompletter Linie: [»Aviary«](https://www.hhv-mag.com/de/review/10310/julia-holter-aviary,) das neue Album von [Julia Holter](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/2123/julia-holter,) verlässt die Gefilde des Dream-Pop. Vorbei mit Gemütlichkeit! Stattdessen lädt sie ihre Arrangements auf, hier noch eine Geige, da noch eine Melodie, da noch ein paar Takte. Alles verschiebt sich, ist schief, nicht perfekt. Die 33-jährige US-Songwriterin hat mit dieser Platte ein Meisterwerk geschaffen, das die volle Konzentration braucht. Und am Ende konnte man sich in keinen Sound so wunderbar wie bei Julia Holter fallen lassen. BB

Kali Malone
Cast Of Mind
Hallow Ground • 2018 • ab 26.99€
Kali Malone schloss für ihr Album »Cast of Mind« einen Buchla mit Bläsern kurz, um die psychologischen Effekte von Harmonieführungen zu erforschen. Vor allem die ersten beiden der jeweils zwischen sieben und 13 Minuten langen Stücke breiten sich als raumgreifende, pathetische Gesten aus, die das erklärte Ziel der US-Amerikanerin wohl von selbst erfüllen: Die Zeit zieht sich zusammen, die Raumtemperatur hebt sich. Die B-Seite hingegen kommt als Nackenklatscher fürs Unbewusste wie aus dem Nichts. Wer danach nicht wach ist, liegt vermutlich schon sechs Fuß tief unter der Erde. KC

Kamasi Washington
Heaven & Earth
Young Turks • 2018 • ab 51.99€
Mag auch Kamasi Washington für Jazzverhältnisse nicht der stärkste Improvisator am Saxophon sein, ein großartiger Dramaturg ist er allemal. Mit seinen Kompositionen für »Heaven And Earth« steuert er der Katharisis ebenso oft entgegen, wie er sie wieder runterregelt. Während dieser fulminanten Gratwanderung setzt über zweieinhalb Stunden mit den Wechselwirkungen zwischen Drinnen und Draußen, dem Ich und den Anderen musikalisch auseinander: »Wer ich bin, welche Entscheidungen ich treffe, liegt irgendwo dazwischen« – und klingt mal Samba, mal nach Funk, Kirchenmusik, mal nach Post-bop. AG

Aus Wikipedia: »Die Balearischen Inseln oder Balearen sind eine Inselgruppe im Ostpazifik und eine Autonome Gemeinschaft Japans.«_ So zumindest läse sich der Artikel, wenn Kaoru Inoues fünftes Studioalbum »em paz« ihn geschrieben hätte. Verbrämte Sonnenuntergangs-Feelings sind das Salz auf der gebräunten Haut dieser Patschuli-Abstraktionen einer weltmusikalischen Ambient-Klangtapete, die dem Japaner wirklich niemand übel nehmen könnte. Dafür ist das Album, nomen est omen, dann doch zu friedliebend. KC

Kate NV
For
Rvng Intl. • 2018 • ab 18.99€
For real, for me?! Was genau hinter dem kryptischen Titeln »для FOR« steht, habe ich noch nicht entschlüsseln können. Das geschieht nun mal bei der Moskoviterin [Kate NV](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/5653/kate-nv.) Auf der Oberfläche einfach eine geniale impressionistische Platte, die schwer nach Japan klingt, was an den elegischen Marimba-Einlagen liegt. Dazu gesellt sich futuristische Sound-Exploration a la Art of Noise. Wenn man dranbleibt, ergeben sich Intra-Album-Referenzen, was die Frage aufwirft: Ist dies Kate NVs »Westworld«? LF

Kelly Moran
Ultraviolet
Warp • 2018 • ab 27.99€
Es gibt ein präpariertes Klavier nach Hauschka. Die Pianistin, Komponistin und Toningenieurin Kelly Moran macht das auf »Ultraviolet« ganz unaufgeregt vor, mit knappen Gesten, die weniger an eine gewaltsame Klavierklangerweiterungsmaßnahme als an Lockerlassen erinnern. Ein bisschen Elektronik gibt es dazu, aber allenfalls sanft unterstützend. Um es mal ganz übel zu formulieren: Hier wird in das Instrument gehorcht. Stimmt aber. Und wie es dann entspannt aus dem wieder heraustönt, kann sich, nun, hören lassen. TCB

Kilchhofer
The Book Room
Marionette • 2018 • ab 17.99€
Das solipsistische Modular-Generde von Kilchhofer unterscheidet sich entschieden von dem, was der Schweizer als Timoka veröffentlichte und womöglich diktiert der heftige kreative Befreiungsschlag noch immer den Schwung, mit dem er mittlerweile eine Platte nach der nächsten veröffentlicht. »The Book Room« ist obszön lang und klingt dennoch nicht so, als hätte er sich in den Prog-Rock-Modus reingewütet. Sondern nach viel freundlicher, runder Analog-Electronica mit einem einzigartigen Sinn für befremdlich-schöne Details. KC

Laurel Halo
Raw Silk Uncut Wood
Latency • 2018 • ab 18.99€
Wenn man jetzt ganz viele Leute abschrecken wollte, könnte man »Raw Silk Uncut Wood«, das jüngste Minialbum von [Laurel Halo](https://www.hhv-mag.com/de/glossareintrag/1525/laurel-halo,) als Ambient-Jazz bezeichnen. Dabei ist das von der Wahl der Komponenten nicht einmal völlig falsch. Und mit ihren freigeräumten Flächen, die besonders zum Ausklang mit fiebrig huschendem Schlagzeug (sehr im Hintergrund) kontrastiert werden, ist die Sache für die entdeckungshungrige Musikerin allemal Neuland. Die Lebensbedingungen dort scheinen gar nicht mal schlecht. TCB

Lil Wayne
Tha Carter V
Republic • 2018 • ab 31.99€
Lil Wayne steht hier auch für sein Lebenswerk. »The Carter IV« ist natürlich keine Offenbarung. Aber Lil Wayne ist es immer gewesen und stellenweise blitzt sie auch auf diesem Album durch, dessen Entstehungsgeschichte komplizierter und langwieriger war als ein Schnupfen. Lil Wayne trägt das Licht in sich. Ich liebe Lil Wayne. Lil Wayne ist ein toller Speziesmann. Ich bin sehr dankbar für ihn und wünsche ihm und seinen Angehörigen nur das Beste. Hoch lebe Lil Wayne. PK

Lonnie Holley
Mith Black Vinyl Edition
Jagjaguwar • 2018 • ab 26.99€
Lonnie Holley kann aus Müll Kunst machen und das ist nicht einmal eine Metapher. Der Sand Man fand erst spät zur Musik, »Mith« ist sein drittes Album und Holley mittlerweile fast 70 Jahre alt. Höchste Zeit also, die ganz großen Themen auszurollen. »I’m a suspect in America«, begrüßt er sein Publikum, erzählt im knapp 18-minütigen Herzstück vom transatlantischen Sklavenhandel und im nächsten Song davon, wie wenig sich seitdem eigentlich geändert hat. Dass die Musik dazu weitestgehend so freundlich dahin gleitet, macht die Sache nur beklemmender. KC

Lucrecia Dalt
Anticlines
Rvng Intl. • 2018 • ab 19.99€
Robotermonologe. Eine spröde Poesie hat sich Lucrecia Dalt für ihr Album »Anticlines« überlegt. Spukhafte Fernwirkungen? Schaltkreis-Loops? Kontrapunkt einer Künstlichen Intelligenz? So oder so geht das alles mit sehr wenigen Tönen und auch nicht allzu vielen Worten ab. Je öfter man die Sache dann hört, desto mehr gibt es darin zu entdecken. Mehr sei an dieser Stelle denn auch nicht gesagt. TCB

Man kann »Anticlines« locker beschreiben wie es ein Intellektueller tun würde, der viel gelernt hat, aber nie verständlich zu sprechen. Da ginge es dann um Tektonik, Metaphysik, Philosophie, Frequenzen und so Krams. Hier bleiben zum Glück aber nur wenige Zeichen. Zum Wohle aller hier also die Twitter-Review zu Lucrecia Dalts Album: Lucrecia Dalt spricht auf ihrem umwerfenden neuen Album. Sie dichtet über Atem und Haut und Grenzen bzw. keine. Sie tut das auf mühsamen Instrumentalen, die gurgeln und blubbern; die sich am Geröll entlang an die Oberfläche ächzen. Und nie dort sind. PK

Marie Davidson
Working Class Woman
Ninja Tune • 2018 • ab 21.99€
Das Cover muss man jetzt nicht unbedingt raffen, also ästhetisch. Musikalisch ist an dieser Platte aber alles ziemlich gut. Die dystopischen-psychotischen Orte und Momente, die Marie Davidson in kalt-wavigen Tracks und Italo-House-Tagträumerein, sind allesamt nacherlebbar und nicht unbekannt. Selten wurde dämliches Partygelaber, Eifersucht-Shit und blanke Wut auf die Zustände unter denen man seine Kunst produzieren soll besser in tanzbare Form gegossen. LF

Max Graef
Lo Siento Mucho Pero No Hablo Tu Idioma
Tartelet • 2018 • ab 26.99€
Es hustelt weiterhin niemand härter als Max Graef . Nach »Lo Siento Mucho Pero No Hablo Tu Idioma« können sich nun getrost halbe Genres in den halbverdienten Vorruhestand verabschiedeten, denn Max hat die Sache allein im Griff. Wie ein brasilianischer Fußballgott schlägt sich der Berliner stilistische Haken zwischen Siebziger-Funk, unterkühlten Wave-Sounds, Pep-befeuertem Trance und Basslines, die heute noch nicht das Bett verlassen haben. Eine ungekämmte Schönheit von Album, und das in 20 Akten. KC

MB Jones
Rok Spy
Drama • 2018 • ab 18.99€
Antinote hören nicht auf, für Überraschungen zu sorgen. Neben Céline Gillains »Bad Woman« kurz vor Jahresende war es vor allem »Rok Spy« von MB Jones, das den Sonderlingstatus von Zaltans Powerhouse zementierte. Angeblich von einem US-amerikanischen Ex-Geheimdienstler in Südkorea aufgenommen während Dommers Drump dem Nachbarland gerade per TweetDeck mit nuklearer Vergeltung drohte, könnte das hier genauso gut eine Kellerproduktion aus dem Ersten Kalten Krieg sein. »Rok Spy« aber ist Musik für den zweiten, verliebt und verzweifelt zugleich. KC

Metro Boomin ist der wichtigste Rap-Produzent der letzten fünf Jahre, klar. Produzentenalben waren nach 1999 gefühlt alle für den Arsch, auch klar. Nicht klar: wie es möglich ist, dass 21 Savage in »Not All Heroes Were Capes« als 12. Mann reinstolpert und als MVP heraus trottet. Die Erklärung hat immer noch den besten Tag (pun intended) der Welt und wir 300 großartige Whisperflow-Memes mehr. FA

Michaela Meise
Ich Bin Griechin
Martin Hossbach • 2018 • ab 29.99€
Gleich zwei Alben widmeten sich in diesem Jahr folkloristischen Liedformen Griechenlands. Während Jay Glass Dubs auf »Plegnic« den Sound von Laïko unter tonnenweise Krach vergrub, nahm Michaela Meise ein Schifferklavier zur Hand, um Melina Mercouri Tribut zu zollen und nebenbei noch anderen schaurig-traurigen Nachkriegsliedern neues Leben einzuhauchen. »Ich bin Griechin« umgeht alle Yann Tiersen-Heimeligkeit und pseudo-politischen Sozialtourismus gleichermaßen, weil Meise ihre Sujets ins Emotionale auflösen. Neun Songs wie schlecht verheilte Wunden. KC

Migos
Culture II
Quality Control • 2018 • ab 35.99€
»Culture II« ist nicht ganz so gut wie »Culture«. Aber Migos sind so gut wie nichts zweites. Ihre Flows haben mal das Game gechanged. FACTS! Aber das Absurde ist: sie hören nicht auf damit. Migos. Stupid geile Texte, stupid geile Bässe, jede Adlib besser als JEDES Comedy-Format. Ey, wie kann man so unverfangen am Leben sein wie die. Es ist Wahnsinn. PK

Mount Eerie
Now Only
P.W. Elverum & Sun • 2018 • ab 27.99€
Phil Elverum hatte schon immer ein Problem mit der Realität und seit seine Frau Genèvieve Castrée 2016 an Krebs verstarb hat er zwei. Darum ging es 2017 auf »A Crow Looked At Me«, darum ging es 2018 weiterhin im Albumformat. »Now Only« markiert für Mount Eerie aber mehr als den zweiten Schritt im Kübler-Ross-Modell. Stattdessen erzählt Elverum von den Nachwirkungen des Unbegreiflichen, um zu einem frappierenden Entschluss zu kommen: Der Tod hat keine Sprache und die Trauer keine Worte. Über dieses Realitätsproblem so ein wortreiches Album zu schreiben, würde den wenigsten gelingen. KC

Nadine Byrne
Dreaming Remembering
Ideal • 2018 • ab 17.09€
Nadine Byrne versteht es auf »Dreaming Remembering«, ihrem bei iDEAL Recordings erschienen Solodebüt, komplexe Formen ganz einfach erscheinen zu lassen. Musik hat immer sehr viel mit Timing zu tun. Die Sounds müssen nicht nur unerhört sein, sie müssen auch im richtigen Moment, Layer für Layer, den Loop umspielen. Und sei es nur ein Klopfen. Und sei es nur ein Atmen. Und sei es nur ein Zittern in der Stimme. Ich sollte noch erwähnen, dass es dazu einen Kurzfilm gibt. Den braucht die Musik aber nicht. SH

Nonetheless
S/T
Neubau • 2018 • ab 22.99€
Es mangelt wirklich nicht an Musik, die wie vor 35 Jahren klingt und das Debüt von Nonetheless macht eigentlich keine Ausnahme. Felix Bergleiter und Florian Bocksrucker gehen nicht nur zum Lachen, sondern auch zum Raven in den Keller und sitzen noch lieber umgeben von müde blinkenden Maschinen im einsamen Kabuff. Weil sie aber ihre Lektionen jedoch brav auswendig gelernt haben, bietet »Nonetheless« mehr als nur bekannte Wave-Formeln: Viel Dub, viel Frickelbums und zeitgenössische Clubkultur schleichen sich subtil gekonnt zur Hintertür herein. KC

Pusha T
Daytona
Def Jam • 2018 • ab 28.99€
Okay, die Rick-Ross-Collabo »Hard Piano« hätte man sich sparen können, doch ansonsten ist »Daytona«, der erste und beste Teil von Kanye Wests Wyoming Sessions, eben genau das: Der beste Teil von Kanye Wests Wyoming Sessions. Und damit eins der Rap-Alben des Jahres. West beweist seine Produzentenskills zwischen lässigen Soulsamples und dreckigen Auf-die-Fresse-Beats, Pusha T macht mit seiner angepissten Dealer-Attitude den Sack zu. »Ye« kann da leider nicht mithalten, sorry Kanye. SK

Ramzi
Phobiza "Amor Fati" Volume 3
Fati • 2018 • ab 18.99€
Wenn man weiß, dass RAMZi eigentlich Phoebé Guillemoth heißt, dann versteht man das Wort »Phobiza« gleich ganz anders oder man versteht es überhaupt erstmal, als so einen eigenen Sehnsuchtsort von RAMZi, so eine Insel wie Ibiza, nur eben mehr wie Phoebé ihn sich ausmalt: Traurige Tropen, friedliche Geister, wohliges Unbehagen, eine eigenartige Welt, ein bisschen wie in den Zeichentrickfilmen von Hayao Miyazaki. Das ist der Reiz von [»Phobiza »Amor Fati« Vol.3«](https://www.hhv-mag.com/de/review/10278/ramzi-phobiza-amor-fati-vol-3,) dass es so ungewöhnlich und gleichzeitig so vertraut klingt. SH

Roc Marciano
Behold A Dark Horse
Marci Enterprises • 2018 • ab 33.99€
Die besten Chancen auf den Titel „HipHop MVP des Jahres 2018“ hat definitiv Roc Marciano Mit »RR2 – The Bitter Dose« »KAOS« an der Seite von DJ Muggs und eben »Behold A Dark Horse«** lieferte New Yorks schärfster – aber nicht unbedingt arbeitsfreudigster – Spitter gleich drei Langspieler ab, von denen das letztgenannte besonders zu überzeugen wusste. Nach den zuletzt eher schlüpfrigen Blaxploitation-Ausflügen mimt Marcberg hier wieder den rotzigen Straßenköter in bester »Reloaded«-Manier. Dabei zeigt Roc Marci all seinen Epigonen (you know who you are!), dass er noch immer der King des vom ihm selbst kreierten Rap-Subgenres ist. Und ja, es gibt auch wieder Drums! BM

Singu
Siki
Growing Bin • 2018 • ab 19.99€
Mit Schlagzeug, Gitarre und Keyboard allein lässt sich herzlich wenig anstellen und Singū machen genau das mit dem größtmöglichen Effekt: wenig. Ihr Album »Siki« für das Hamburger Label Growing Bin ist eine sphärische Jam-Session in sechs Teilen, die sich im besten Jazzer-Geiste wenig um den nächsten Akkordwechsel schert und vielmehr die Intensität des Moments ins Auge fasst. Über sechs Songs klingt das gerne mal nach Akustik-Drum’n’Bass, Klaus Schulze im Coltrane-Modus oder eben dem vom Label vergebenen Soundcloud-Hashtag »Kosmik Improvisations«. KC

Tirzah
Devotion Black Vinyl Edition
Domino • 2018 • ab 24.99€
Nach zwei EPs 2013/2014 rückte Tirzah schließlich doch noch mit ihrem Debüt heraus – und lieferte mit »Devotion« ein so überraschendes wie disparates Werk ab. Von Mica Levi, besser bekannt als Micachu, ließ sie sich unberechenbare, wenig club-taugliche Tracks auf den Leib schneidern, über die Tirzah ihre »straight-up love songs« trocken und scheinbar unbeteiligt vorträgt. Universelle Liebesthemen treffen auf unterkühltes Sound-Design, minimalistische Skizzen stehen neben fast perfekten Pop-Nummern – diese Spannung zwischen oberflächlich nicht zusammenpassenden Elementen macht den besonderen Reiz von »Devotion« aus. MS

Travis Scott
Astroworld
Epic • 2018 • ab 36.99€
Man kommt dem Erfolg des Phänomens Travi$ Scott nicht bei, wenn man nur über Musik redet. Der andere Half-Kardashian ist about Atmosphäre und Persona. Da zählen schon auch die gelungen Beat-Auswahl und der Nicht-Flow dazu. Aber entscheidend sind sie nicht. Entscheidend ist, dass Travi$ Scott tatsächlich brilliant über die letzten Jahre ein Image etabliert und eine eigene Welt geschaffen hat, die voller Reize ist. Der Untote im grotesken Freizeitpark. Es ist immer 3 AM, die Party läuft ununterbrochen, keiner empfindet noch wahre Leidenschaft und alle sind lit; immer auf Pille, es liegt ein drückender Schleier auf den vergifteten Sternen. Die »Astroworld« ist wahrgewordene Dystopie, die im unendlichen Turn Up zwar die Gründe für den Weltuntergang nicht mitberichtet aber immer mitfühlt. PK

Vril
Anima Mundi
Delsin • 2018 • ab 30.99€
Da wo Techno den Clubfluren zwischen Detroit und Berlin entwachsen ist und sich in den gegensätzlichen Reizen seiner Elemente ständig ausdifferenziert, kommen die langfristigen Qualitäten hypnotischer Rhythmik zum Vorschein. »Anima Mundi« von Vril ist der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung, in deren Verlauf einstige Tanzmusik zunehmend als Kunsterlebnis verstanden wird. Im letzten Jahr schon als absurd limitierte Quasi-Demo auf Kassette veröffentlicht, erschien das Album 2018 in einer üppigen LP-Version samt Reworks. Knapp 80 Minuten lang implodieren Bässe unter ihrem eigenen Gewicht inmitten galaktisch-sakraler Pads, klingen die Loops, als seien sie für die Synchronisierung menschlicher Gehirnwellen designt um letztlich irgendwie berührbar zu werden. Das ist verwaschener Dub Techno zum Meditieren und Trippen, aufgeladen mit einer kaum erträglichen Sehnsucht, die immer diffus bleibt. NS

YG
Stay Dangerous
Def Jam • 2018 • ab 42.99€
Der Dude einfach. Die allgemeine Erscheinung und Ausstrahlung eines selbstbewussten und gut gelaunten Koalas. Aber Texte wie ein gangbangingass Dreckschwein. Die Kombinations bockt’s seit Album No.1 und bockt’s auch noch auf »Stay Dangerous«, Album No.3. Beats und Texte: hat man alles so kommen sehen und wird trotzdem von ihnen geslappt. Man wird gerne geslappt. YG slappt einen gooood. PK

Zmatsutsi
Hooked Up
Macadam Mambo • 2018 • ab 14.99€
Ob sie in Leeds mit dem Begriff »sutsche« etwas anfangen können? So nennen die das in Hamburg, wenn Platten statt bei 45 auf 33rpm gespielt werden. Also das, was bei dem Kollegen Aigner Standardsetting ist und offensichtlich auch bei Zmatsutsi. Eventuell haben die drei Briten für »Hooked Up« auf Macadam Mambo wirklich nur bumsfreudige Italo-Schieber gegen die Anweisungen auf der Verpackungsanleitung laufen lassen, wir aber lassen das als rolligen Readymade-Soundtrack gelten und ziehen schon mal den Schlüppi aus. Jetzt wird’s sutsche! KC

TNC6
Sekundenschlaf
Blackest Ever Black • 2017 • ab 19.99€
Ein gutes Jahr für das Projekt тпсб, das neben einem exzellenten Acid-Ambient-Tape auf Noorden vor allem mit seinem Debüt »Sekundenschlaf« dafür sorgte, dass Blackest Ever Black auch 2018 nicht an Relevanz einbüßt. Wo verkantete Handpercussion sich in Frühzeit-Rave auflöst und Industrial oder Jungle nicht allein Genres, sondern auch im Sinne ortsspezifischer Klangatmosphären verstanden werden, kommt entweder ganz großer Müll oder doch ein noch größerer Wurf bei raus. Ratet mal, was hier der Fall ist. KC


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