Daptone Records – Zehn Jahre stromaufwärts

28.10.2011
Foto:Jacob Blickenstaff Daptone Records
Seit zehn Jahren verfolgen Neal Sugarman und Gabriel Roth mit Daptone Records nun schon ihre konkrete Vorstellungen von guter und zeitloser Musik. Wir schauen gemeinsam mit den Labelmachern zurück.
Das New Yorker Label Daptone hat praktisch im Vorbeigehen eine Trendlawine losgetreten. In den Neunzigern mussten sich Liebhaber von Funk und Soul noch auf eine aufwendige Suche nach den geliebten Klängen begeben. Neal Sugarman und Gabriel Roth verbrachten damals viel Zeit mit dem Studium der mitreißenden Wirkungsweise der Musik von James Brown, The Meters und Fela Kuti. Hierbei entstand bei den beiden die grundlegende Vision, eigene Musik zu veröffentlichen, deren traditionelle Fortführung man vermisste.
Diese Vision ließ man organisch reifen. Mit Desco, dem ersten Plattenlabel von Gabriel Roth, sammelte man erste Erfahrungen, Erfolge und v.a. Kontakte zu Musikern, die man später bei Daptone Records wiederfinden sollte. Schließlich wurde Desco eingestellt und aus der damaligen Projekt-Band wurden die Dap-Kings geformt, welche seit 2001 das Herz von Daptone Records bilden.
Zunächst schwimmt man allerdings gegen den Strom. »Ob uns das Gegen-den-Strom-schwimmen ermüdet?«, befragt sich Neal Sugarman im Interview selbst. »Nein! Für uns gab es nie einen anderen Weg und wir betrachten das Ganze als den Schlüssel unseres Erfolges.«
Aus Überzeugung blieb man weiter unabhängig. Zur Jahrtausendwende brach das Internet das Monopol der großen Plattenfirmen. »Die Majors haben vollkommen verlernt gute Musik zu machen und ruinieren so die Musikindustrie«, analysiert Sugarman die Gründe für die Popularität von Indielabels und Nischenmusik wie Funk und Soul. »Das Ganze ist eine Schande.«
Zunächst musste man allerdings beharrlich bleiben. Die Anfangszeit von Daptone war von Geldsorgen und Plackerei bestimmt. Doch man hielt an der Vision fest und so begann der konsequente Sound von Daptone nach und nach die Aufmerksamkeit populärer Produzenten anzuziehen, die sich für Samples bei Daptone bedienten. Den großen Hype löste allerdings Amy Winehouse aus, deren zweites Album Back To Blackim Jahre 2006 durch den Daptone-Sound verdelt wurde und schlappe zehn Millionen Kopien verkaufte. Zunächst war man ob solcher Kooperationen noch skeptisch, mittlerweile kann man dem viel positives abgewinnen: »Wir haben nichts dagegen, wenn man unsere Stücke samplet und arbeiten mit jedem zusammen, dessen Musik wir als cool einschätzen.«

»Es stimmt, unser Musikgeschmack tendiert stark in die Sechziger und Siebziger. Dabei wollen wir bloß Musik erschaffen, die wir uns selbst gerne anschauen und anhören.«

Neal Sugarman
Sorgfalt als oberste Prämise
Stets ist man sorgfältig. In zehn Jahren Labelgeschichte wurden »nur« 21 Alben veröffentlicht und oft landen ganze Alben unveröffentlicht in den Archiven, denn viele Fans kaufen die Veröffentlichungen blind und dieser Verantwortung will man schließlich gerecht werden.
Bei jeder Entscheidung hört man auf sein Bauchgefühl. Bei Aufnahmen schließt Gabriel Roth gerne die Augen und vertraut seinem Gefühl: »In der modernen Musikindustrie gibt es kaum Vorbilder, mit denen wir uns identifizieren können, also machen wir alles auf unsere eigene Weise, so dass die Leute hoffentlich stolz sind, wenn sie eine unserer Veröffentlichungen kaufen. Diese werden aus tiefsten Herzen soulig sein und an dem festhalten, woran wir glauben.«
So studiert man die Vergangenheit, ohne dabei blind zu kopieren. Die geliebten Künstler und Aufnahmen der 1960er und 1970er Jahre sind Vorbilder: »Wir befinden uns im Jahr 2011 und uns interessiert eigentlich nur, großartige Musik zu kreieren und aufzunehmen, egal ob alt oder neu. Es stimmt, unser Musikgeschmack tendiert stark in die Sechziger und Siebziger. Dabei wollen wir bloß Musik erschaffen, die wir uns selbst gerne anschauen und anhören.«
Untereinander ist man familiär. Daptone holt nicht nur die Musik von damals, sondern auch die Idee der Ortstreue zurück, die schon ein Label wie Stax propagierte. Dabei behandeln Sugarman und Roth die Künstler so, wie sie selbst gerne als Künstler behandelt werden würden, was z.B. faire Bezahlung und familiäre Künstlerbeziehung beinhaltet.
Auch Nach außen hält man engen Kontakt. Daptone Records will zurück zum musikalischen und wirtschaftlichen Realismus. Wichtiges Mittel hierzu sind ausgedehnte Touren und unterhaltsame Live-Shows, und somit der direkte Kontakt zur loyalen Anhängerschaft. Einhundertausend verkaufte Kopien von 100 Days, 100 Nights sprechen für sich und sind kein Übernachterfolg von Sharon Jones, sondern genau wie die Besucherzahlen der Gigs,peu peu von wenigen auf tausende angewachsen.
Der enorme Erfolg von Amy Winehouse’ Back To Black bescherte Daptone so zwar einige lukrative Aufträge, doch der eigentliche Grund für den Erfolg liegt im konsequenten Verfolgen der eigenen Ideen. Auch Sharon Jones ist Produkt dieser Vision und würde wohl in keinem anderen Labelkontext dermaßen gut funktionieren. Dieser organisch gewachsenen Daptone-Baum ist mittlerweile in voller Blüte: __»Wir sind ziemlich froh über das zehnjährige Labeljubiläum und planen einen Haufen Events, um das Ganze zu feiern. Wir versuchen z.B. für alle unsere Bands eine Art Soul Revue auf die Beine zu stellen.« Wir gratulieren!