Aigners Inventur – Oktober / November 2011

23.11.2011
Pünktlich zur kalten Jahreszeit werden wir von einer wahren Flut neuer Alben überschwemmt. Unser Kolumnist Florian Aigner hat sich wie üblich für euch durchgehört und trennt die Spreu vom Weizen.
Beginnen wir mit einer erstaunlichen Erfolgsgeschichte. In Zeiten, in denen die meisten Rapper die Millionen nicht mehr auf dem Konto, sondern auf ihrem Youtube-Channel zählen, ist A$AP Rocky eine Ausnahme. Drei Millionen in Vorschusslorbeeren soll Sony dem gerne südstaatlich flowenden Jungspund aus Harlem für ein richtiges Album zur Verfügung gestellt haben, wohlgemerkt noch bevor dieser überhaupt ein Mixtape veröffentlicht hatte. Letzteres wurde nun nachgeholt, LiveLoveAsap klingt weitestgehend als hätte der Goodiemob jahrelang die falschen Drogen genommen. Auch dank einer Vielzahl dieser typischen, irgendwie immer verwaschen klingenden Clams-Casino-Beats ist A$AP Rocky so etwas wie diesjährige Kodein-Alternative zur Hyperaktivität des OFWGKTA-Clans im letzten Jahr.

Drake
Take Care
Cash Money • 2011 • ab 11.05€
Ob A$AP Rocky jemals so durch die Decke gehen wird wie Drake, darf dennoch bezweifelt werden. Letzterer hat es in kürzester Zeit geschafft, eine erstaunlich massenkompatible Nische für sich zu monopolisieren. Drake bedient sich bei Kanyes nie abgelegten Backpackerismen, verzichtet aber auf dessen offensiv präsentierte, pathologische Bipolariät und macht es sich stattdessen als verletzlicher Loverboy mit Engelsstimmchen in der Chefetage gemütlich, mit Duftkerzen, Patron und 5-Sterne-Koch. Durchaus eine mutige Entscheidung in einem Spiel, das immer noch von Hypermaskulinität und Muckertum bestimmt wird. Kein Wunder also, dass Drakes zweiter Streich Take Care bisher primär von Rap-fernen Publikationen gefeiert wird. Wer mit seiner Sexualität im Reinen ist, darf sich deren Urteil aber gerne anschließen.

Pusha T
Fear Of God II: Let Us Prey
Decon • 2011 • ab 5.39€
Derweil bestätigt Pusha Ts Quasi-Debüt als Solokünstler Fear Of God 2: Let Us Pray das, was der erste Teil und das letzte Clipse-Album bereits andeuteten: ohne die Neptunes macht das weniger Spaß mit den Thorntons. Nicht dass Pusha seinen arroganten Flow, die cleveren Vergleiche und General Awesomeness verloren hätte, die künstlerische Vision, die Lord Willin und vor allem Hell Hath No Fury zu solch paranoiden und vor allem kohärenten Gesamtkunstwerken gemacht hat, fehlt jedoch auch hier. Was nicht heißen soll, dass man von den 12 angebotenen Stücken nicht mindestens die Hälfte als mittel- bis langfristige Playlist-Neuzugänge begrüßen darf.

Black Milk & Danny Brown
Black & Brown!
Fat Beats • 2011 • ab 11.19€
Schlüssig konzipiert ist das 30-minütige Intermezzo des Detroiter Nachwuchses, das mit Black And Brown auch gleich einen pragmatischen Titel bekommen hat. Black Milk emanzipiert sich auch hier immer weiter von seinem ursprünglichen Ruf, primär Dilla-Nachlassverwalter zu sein, und schießt everybody’s favorite Undercut-Hipster Danny Brown psychedelische Beats zu, die sich sehr stark von dessen vorangegangenem Free Album XXX unterscheiden und Brown immer wieder dazu verleiten, etwas ruhigere Töne anzuschlagen, ohne die Punchline-Dichte signifikant zu verringern. Sehr kurzweilig und unterhaltsam. Ich bleibe dabei: Danny Brown ist der Thirstin Howl III der 10er Jahre.

Medaphoar
Classic
Stones Throw • 2011 • ab 8.79€
Mit wesentlich weniger Charisma wurde M.E.D. gesegnet, der diesen Umstand dank der richtigen Freunde jedoch oft genug erfolgreich kaschieren konnte. Auch Classic lebt wieder sehr stark von den hochwertigen Produktionen seines Busenfreundes Madlib, der ganz große Wurf Marke Can’t Hold On fehlt hier jedoch. Dennoch schafft es Madlib beinahe erneut vergessen zu machen, dass M.E.D. eher ein Feature- denn ein Album-Rapper ist.

Jedi Mind Tricks
Violence Begets Violence
Enemy Soil • 2011 • ab 17.99€
Ein neues Jedi Mind Tricks Album. Och nö. Schon erstaunlich wie rapide die Jungs seit Violent By Design zu einer Selbstparodie verkommen sind. Vinnie Paz, die olle Presswurst, röchelt auch ohne Stoupe die gleichen Todesdrohungen auf die ewig gleichen theatralischen Instrumentals und Jus Allah findet wieder kaum statt. Besonders lustig wird das dann aber, wenn er diese Lobotomy/Sodomy/Autopsy/Monopoly/Philosophy-Stafetten über einen beschwingten Reggae-Beat schickt. Allein dafür sollte man Violence Begets Violence doch kurz anskippen; die Spinal Tapisierung ist in vollem Gange.

Kool Savas
Aura
Essah Entertainment • 2011 • ab 15.99€
In Würde altern ist auch im deutschen Rap-Spiel die Königsdisziplin. Kool Savas versucht es auf Aura nicht mit Hova’schem Übermenschentum und Allmachtsfantasien, sondern mit ein bißchen von allem. Lyrische Schwanzvergleichstracks, Trap-Anleihen, ein The Message-Cover für die Festivals, Bombast mit Xavier und Kinderchor, die Erkenntnis, dass es immer noch Mostly Tha Voice ist, die eine Karriere bestimmt und Pattern-Wahnsinn mit Banjo – Savas will alles auf einmal, sorgt für Unterhaltung, aber auch für ein unschlüssiges Album, das jene Königsdisziplin nur mit Teilnahmebescheinigung, aber ohne Ehrenurkunde, absolviert.

Sido & Bushido
23 Deluxe Edition
Columbia • 2011 • ab 19.99€
Vergleicht man das jedoch mit 23, muss man mit Aura zufrieden sein. Das deutsche Watch The Throne sollte es werden, aber Peter Maffay ist nicht Beyoncé und J Luv nicht Frank Ocean. Bei Sido und Bushido ging es ja nun nie um technische Glanzleistungen, das Problem aber ist, dass deren Schäfchen-im-Trockenen-Charaktere mittlerweile so spannend sind wie Mariella Ahrens.

DJ Shadow
The Less You Know, The Better
Island • 2011 • ab 9.99€
Seine Schäfchen im Trockenen hat seit Endtroducing auch DJ Shadow. Sorgen um ihn müsste man sich also keine machen. Und dennoch ist es so unendlich frustrierend einem Ausnahmekönner dabei zuzusehen, wie er seit über zehn Jahren an den eigenen Erwartungen scheitert. The Less You Know, The Better changiert unentschlossen zwischen Anleihen an die Mo’Wax-Ära, verzerrten Gitarren, Mädchen-Pop mit Little Dragon, sterbenslangweiligem Folk und Retro-Bap mit Kweli und Posdnous. Bitter: selbst das konfuse The Outsider war retrospektiv ein besseres, weil riskanteres Album.

Onra
Chinoiseries Part 2 HHV Bundle
All City Dublin • 2011 • ab 16.99€
Nachdem Onra letztes Jahr mit Electro-Funk und 80s R&B geflirtet hatte, kehrt er mit Chinoiseries Part 2 vorübergehend zurück zu seinen Wurzeln und schustert knisternde Obskuritäten aus Fernost zu einem Beattape zusammen, das sich (nicht) gewaschen hat. In dieser Sparte mit das Beste seit Madlibs Ausflug nach Indien.

Hulk Hodn & Hubert Daviz
Kaseta
ENTBS • 2011 • ab 17.99€
Gewohnt jazzy und dem 90er-Wertekanon verpflichtet, samplen sich unterdessen Hulk Hodn und Hubert Daviz durch ihr gemeinsames Beat-Projekt Kaseta. Im Regal direkt zwischen Petestrumentals und K-Defs Beats From The 90s einordnen. Persönliches Highlight: das wunderbar slicke und sehr transparent zitierende Maze.

Fulgeance
To All Of You
Melting Pot Music • 2011 • ab 4.99€
Währenddessen arbeitet Melting Pot Music weiter an seinen Kanten und konnte hierfür den Synth-Enthusiasten Fulgeance für ein Album gewinnen. Vor drei Jahren hätte man To All Of You einfach »wonky« genannt, heute braucht man als Beschreibung wieder etwas prätentiöseres: Am britischen Bass geschulter Post-Dilla-Synth-Funk, der sich nicht entscheiden kann, ob nun der Subbass oder Jaylib die einschneidendere Erfahrung für ihn war. Mir fehlt da aber manchmal dieses Gespür für Melodie und Dynamik, das beispielsweise den artverwandten Rustie so auszeichnet…

Joker
The Vision
4AD • 2011 • ab 5.10€
…oder eine dieser purpurnen Synth-Lines, die Joker vor drei Jahren scheinbar im Schlaf programmiert hat. Seit dieser jedoch auf den Fratstep-Parties im mittleren Westen angekommen ist, Flugmeilen sammelt statt schwarz zu fahren und ein Label hinter sich weiß, das notfalls vermutlich sogar Rihanna auf seine Platte kriegen würde, sieht es in Sachen Kreativität relativ düster aus bei dem stets HipHop-affinsten Protegé der zweiten Dubstep-Welle. Mit The Vision verspielt Joker, grausamen Kollaborationen und Bunga Bunga-Populismus sei Dank, nun alle Vorschusslorbeeren.

Pinch & Shackleton
Pinch & Shackleton
Honest Jon's • 2011 • ab 16.99€
Mit Populismus hatten Pinch und Shackleton noch nie etwas zu tun. Selbst als es vor vier Jahren auch unter zurechnungsfähigen Wobblern darum ging, wer die mächtigste Bassline programmieren konnte, verweigerten sich beide den damaligen Obszönitäten. Während Pinch immer mal wieder mit technoiden Strukturen flirtete, zog sich Shackleton noch weiter in seine eigene Welt zurück, in der meditative afrikanische Drumstrukturen die oft alptraumhaften Soundgebilde strukturieren. Das erste gemeinsame Album hört praktischerweise auch auf den Namen Pinch & Shackleton, erscheint passenderweise über Honest Jon’s und ist ein undurchdringliches Geflecht, das die unterschiedlichen musikalischen Herangehensweisen der beiden Protagonisten kaleidoskopartig vereint und wie so oft – gerade bei Shackleton – erst nach einigen intensiven Durchgängen Sinn macht.

Anstam
Dispel Dances
50 Weapons • 2011 • ab 7.59€
Dass die beiden auch einen enormen Einfluss auf die Produktionsweise des Modeselektor-Schützlings Anstam gehabt haben, lässt sich nach der zweiten Hälfte von Dispel Dances nur schwer von der Hand weisen. Komplexe Rhythmiken begraben latent spürbare Rave-Signale, ordnende Kicks oder Claps findet man selten, alles flirrt und surrt und dennoch entsteht hier nicht die selbe Magie.

Sepalcure
Sepalcure
Hotflush • 2011 • ab 14.99€
Sehr hohe Erwartungen hatte ich an das erste Album von Sepalcure, Erwartungen, die nur bedingt erfüllt werden, besonders wenn man bedenkt, was für ein monströses Album Machinedrum unlängst vorgelegt hat. Während auf jenem Album Juke als Hauptreferenzpunkt diente, folgen Machinedrum und Braille auf Sepalcure dem immer noch anhaltenden Trend der Houseifizierung britischer Bassmusik. Im Gegensatz zu Joy Orbison, Martyn oder auch Braille selbst, tun die beiden dies hier aber des Öfteren auf unnötig verschnörkelte Art und Weise. Dies macht einige Tracks komplexer und unzugänglicher als sie dank ihres feisten Rhythmuskorsetts sein müssten. Dennoch ein hörenswertes Album.

Floating Points
Shadows
Eglo • 2011 • ab 18.99€
Zugegebenermaßen mehr Single als Album, aber qua Format (2x12inch) und Qualität unumgänglich: die neue Floating Points auf Eglo. 5 Tracks, technoider als zuvor, aber immer noch mit diesem unfassbaren Gespür für Sexiness. Arp3 ist dabei der offensichtlichte Hit in der Tradition von Vacuum Boogie, aber auch die vier anderen auf Shadows enthaltenen Tracks bestätigen, was wir schon seit Jahren wissen: Sam is on fire und zwar 24/7.

Kuedo
Severant
Planet Mu • 2011 • ab 8.99€
Während die Sexiness bei Floating Points Groove-gesteuert ist, entsteht sie bei Kuedo eher über Abstinenz und Kälte. Ganz im Gegensatz zu der manchmal erschlagenden Arbeit an den Vex’D-Projekten, hat Kuedo auf Severant eine neue Subtilität für sich entdeckt, die sich aus den wavigen Synthexperimenten der späten Siebziger und frühen Achtziger speist. Irgendjemand hat über dieses Album geschrieben, es wäre Musik für Androiden, die weinen könnten. Das ist platt, aber durchaus zutreffend.

Roly Porter
Aftertime
Subtext • 2011 • ab 30.99€
Komplett von der Bassdrum emanzipiert hat sich auch Kuedos ehemaliger Produktionspartner Roly Porter, der auf Aftertime eine erdrückende, endzeitliche Soundcollage baut, der man mit dem Attribut »Ambiente« nur schwer gerecht wird. Das klingt in etwa so, als würden Amon Tobin, Ben Frost und Tim Hecker gemeinschaftlich beschließen ihr Leben mit Schlaftabletten zu beenden. Verstörend, verstörend, aber wie immer bei solch traurigen Geschichten: auch seltsam anziehend.

Oneohtrix Point Never
Replica
Software • 2011 • ab 32.99€
Immer noch very high brow, aber zugänglicher als zuvor geriert sich Oneohtrix Point Never auf Replica. Der Kritikerliebling, der mit seinen schwurbeligen Synthesizer-Drones letztes Jahr so gut in den Low-Fi-Olde-English-Spelling-Bee-Not-Not-Fun-Zeitgeist passte, ist wesentlich loopiger geworden als zuvor, manchmal fühlt man sich sogar an seine minimalistischen Edits als Sunset Corp erinnert, beispielsweise, wenn er auf Replica/Remember oder Child Soldier mit repetitiven Vocalssamples arbeitet. Nassau und __Up: sind dann sogar genau jener Schlag narkotisierter House für den Hype Williams in den letzten Jahren so gehypt wurden. So avantgardekonsensig und prätentiös das auf dem Papier nun klingen mag: durchaus ein sehr, sehr schönes Album.

James Ferraro
Far Side Virtual
Hippos In Tanks • 2011 • ab 22.99€
Ich bin ja nun nicht als größter Gitarrengönner unter der Sonne bekannt, aber wer mich mit Skype-Samples, leierigen Billigsynthies, Disney-Club-Harmonien, 80s Drum Machines, semi-ironischen Yachtrock-Gitarrensoli und fiesestem Fahrstuhl-Jazz verwirrt, ist mir prinzipiell sympathischer als all diese Dadrock-Kapellen. Der letztes Jahr endlich von der Blogosphäre adoptierte James Ferraro hat dies auf Far Side Virtual getan, die Superhipster von Hippos In Tanks haben es veröffentlicht und ihr wundert euch nicht, das in vielen bemühten Jahres-Top-Tens zu sehen.

Björk
Biophilia
One Little Indian • 2011 • ab 54.99€
Seit Jahrzehnten ein Abonnement auf hochgezogene Augenbrauen hat bekanntlich Björk, doch wie zuvor scheitert die Isländerin an den eigenen Ansprüchen. Biophillia ist als multimediales App-Konzept gedacht, mit Hilfe derer jeder Song vom Hörer aktiv reprogrammiert und verändert wird. Nüchtern auf die vorhandene Musik geschaut, muss man jedoch feststellen, dass Björk als Songwriterin mittlerweile nicht mehr auf dem selben Level ist wie noch vor zehn Jahren. Das ist nicht unbedingt eine neue Erkenntnis, aber eine, die durchaus verärgert, weil man merkt wieviel kreative Energie noch in ihr steckt. Vielleicht sollte sie diese wieder vermehrt in ihre Musik und weniger in die diese umgebenden hochtrabenden Konzepte stecken. Oh, jetzt sehe ich gerade, dass ich mir darin mit Pitchfork einig bin. Pfui.

Elektro Guzzi
Parquet
Macro • 2011 • ab 16.99€
Man kann diesen ganzen Instrumente-Techno-Schmu als Gimmick abtun, oder sich von Elektro Guzzis Parquet bekehren lassen. War das letztjährige Debüt noch relativ zahm, wird hier ordentlich vorgeprescht. Die Kickdrum kommt auch live am Schlagzeug eingeprügelt sehr fett und nie muckermäßig, die häufig fragilen, ja minimalen Patterns wurden durch deutlich mutigere Arrangements ersetzt. Und hier gilt auch endlich nicht mehr das Totschlagargument, dass man die drei Österreicher erst live gesehen haben muss, um das beurteilen zu können.

Planetary Assault Systems
The Messenger
Ostgut Ton • 2011 • ab 16.99€
Mit seiner eigenen Vergangenheit kokettiert Luke Slater auf der neuen Planetary Assault Systems, insbesondere in der knochentrockenen zweiten Albumhälfte von The Messenger. Bleepiger, hochtouriger Spätneunziger-Techno, humorfrei, zielgerichtet und in dieser Kompromisslosigkeit auch heute noch eine wirkliche Rarität. Die ersten fünf Tracks sind zumindest partiell heimtauglich, aber auch irgendwie belangloser.

Rush Hour presents
Amsterdam All Stars
Rush Hour • 2011 • ab 15.99€
Dass Amsterdam auch jenseits von Rotlichmilieuklischees und Kifferromantik viel zu bieten hat, dürfte bekannt sein. Gerade um die Qualitätsschmiede Rush Hour hat sich in den vergangenen Jahren eine wahre Armada an einheimischen House-Produzenten geschart, die nun auf Amsterdam All-Stars für das Flagschiff Schau laufen dürfen. Dass hierbei mit Newworldaquarium ein eher älteres Semster den ganzen Tom Tragos und Young Marcos die Schau stiehlt, ist nicht weiter tragisch. Auch dass der andere herausragende Beitrag von den beiden zugezogenen Israelis Juju & Jordash stammt, macht nichts. It’s A Family Thing und so.

Moomin
The Story About You
Smallville • 2011 • ab 28.99€
Wohl gefühlt auf der D-Seite jener Compilation hätte sich bestimmt auch Moomin, der mit The Story About You ein archetypisches Smalville Album veröffentlicht. Deep und sample-lastig entwickeln sich die 10 Tracks, stets auf geschmackssicheren Retro-Drums basierend in melodieverliebte Herbst-Elegien. Schon sehr schön, aber irgendwie wie John Roberts mit Muskelfaserriss. Hätte der letztes Jahr mit Glass Eights nicht schon die definitive Version dieses Albums aufgenommen, ich würde Story About You an dieser Stelle wesentlich lautstärker loben.

Rebolledo
Super Vato
Cómeme • 2011 • ab 20.99€
Vom saisonalen Schwermut Moomins zur Aguyaos ADHS-Posse. Rebolledo ist einer dieser Techno-Not-Techno-Derwische für die Comeme in den letzten Jahren so viel Beachtung geschenkt wurde, ich habe deren Penetranz aber langsam satt. Kaum hat man sich auf Super Vato beispielsweise von dem bedächtigen Italo-Electro-Arpeggio von Steady Gear Rod Machine hypnotisieren lassen, folgen wieder diese lauen Balearic-Favela-Nummern mit dadaistisch-wavigen Vocals und Dolce-Vita-Habitus. Focus, echt mal.

Mr. Oizo
Stade 2
Ed Banger • 2011 • ab 20.99€
Oder eben das volle Programm in Sachen Schizophrenie, Marke Mr. Oizo. Der benutzt immer noch als einziges ordnendes Element in seinen scheinbar vollkommen spontan entstehenden Beats diese weibliche Computerstimme, die vor gut drei Jahren jede dritte Promo-CD ruinierte. Das ist an sich schon subversiv, wenn die Dame aber in dem wild um sich schlagenden Douche Beat verkündet, dass das ein Beat für all die Douches sei und im Intro klarstellt, dass auch Oizo selbst keine Ahnung hat, was er da denn so aufgenommen hat, bestätigt sich mal wieder, dass Quentin Dupieux, trotz Ed Banger Support, der französische Knöpfchen-Kinski bleibt und Stade 2 genau der Befreiungsschlag ist, den Busy P seit langem brauchte.

Justice
Audio, Video, Disco.
Warner • 2011 • ab 12.76€
Auch wenn man dafür heute Prügel bezieht: Ich mochte Justices Debüt, für einige Monate sogar sehr. Natürlich muss man im Nachhinein zugeben, dass die Hair Metalisierung der späten Daft Punk in etwa die Halbwertszeit von Hyphy und UK Funky hatte, aber zwischen Bratz-Manie und Rockstartum fanden Xavier und Gaspard eben auch Zeit tatsächlich gute Songs zu schreiben, die dafür sorgten, dass elektronische Musik, vor allem in den Staaten aus ihrem Nischendasein wieder zurück in den Mainstream fand. Das mag man als elitärer Connaisseur verdammen, eine Leistung ist es aber dennoch. Und genau hier liegt das Problem. Justice sind nicht mehr der heiße Scheiß, sie sind angekommen in der Welt von Nike, Dior und Madison Square Garden. Nun für sich den Anspruch zu haben, dieser Stadiongarantie auch mit Stadionklischees gerecht werden zu wollen, ist nicht verwerflich, subtil konnten die beiden ohnehin nie. Dass Audio, Video, Disco aber so grausam ideenlos ist, tut wirklich weh. Das ist der vertonte Burnout zweier Künstler, für die der Erfolg zu schnell kam, mitten in der Sturm und Drang Phase.

Florence + The Machine
Ceremonials
Republic • 2011 • ab 46.99€
Auch nicht ganz einfach dürfte es für Florence & The Machine gewesen sein einen Nachfolger für das überaus erfolgreiche zweite Album zu produzieren. Wie üblich könnte man an dieser Stelle dann den Aufstand proben oder aber auf Bewährtes setzen. Ceremonials geht den einfachen Weg, räumt der charismatischen Frontfrau viel Raum ein, baut darum ein opulentes Gerüst aus Klavier, Harve, Chören, Gitarren und Multitracking auf und am Ende sind wahrscheinlich alle glücklicher als mit einem 4-Spur-Freejazz-Album, mit dem man sich vorgaukelt, ach so unabhängig geblieben zu sein. Solide Lebensbejahung für verzagte Kunst- und Medienstudentinnen.

Mayer Hawthorne
How Do You Do HHV Bundle
Universal Republic • 2011 • ab 16.99€
Tierisch auf die Eier geht mir mittlerweile Mayer Hawthornes Hausfrauen-Soul. Dieser goofy Whiteboy-Charme war zu Beginn seiner Karriere irgendwie noch charmant, mittlerweile bei Universal angekommen, driftet mir das aber alles zu arg in die Soccer Mom Ecke ab. Da lobt man sich einen Aloe Blacc, der bei noch wesentlich größerem Erfolg nie etwas derart belangloses wie Finally Falling veröffentlicht hat. How Do You Do wird dennoch oder gerade deswegen viele Menschen glücklich machen.