Friends Of Friends Music – Haschisch, MySpace und elektronische Musik

17.10.2013
Foto:Andy J. Scott / © FoF Music
Leeor Brown und sein Label Friends Of Friends Music gehen musikalisch als auch visuell eigene Wege. Das hat das Label aus Los Angeles weltweit zu einem der hipsten Institutionen in Sachen Musik gemacht.

Leeor Brown hat gerade das erste Mal Haschisch konsumiert. Er ist 19, mit dem Rucksack in Frankreich unterwegs, wo er auf dem Le Route Du Rock Festival gelandet ist. Eigentlich will er dort Prefuse 73 Manitoba und Ms John Soda sehen. Dann erfährt er, dass auch Four Tet dort spielt. Dessen Namen hat er schon ein paar Mal gelesen, weiß aber nichts von ihm. Als nächstes befindet er sich in einem Zimmer und spürt die Wirkung seines ersten Joints. Four Tet steht hinter seinem DJ-Pult und vor einer Glasfront, die komplett von der Zimmerdecke bis zum Boden reicht und einen freien Blick auf den Atlantischen Ozean gewährt. »Ich kann aus ganzem Herzen sagen, dass das ein Gamechanger für mich war. Es war das erste Mal, dass ich jemanden sah, der nur mit einem Laptop performte. Es gibt keinen Zweifel daran, dass dieses Set mein Interesse an elektronischer Musik weckte und mich bis in den Kern beeinflusst hat«, sagt Leeor Brown heute. Er ist Chef des in Los Angeles ansässigen Plattenlabels Friends Of Friends Music, dass er 2009 gründete. Sechs Jahre nach dem prägenden Four-Tet-Haschisch-Erlebnis. Heute ist Friends Of Friends eines der interessantesten Labels, was kontemporäre elektronische Musik anbelangt. Der Begriff »Wonky« wurde gerade erst eingeführt, um jenen speziellen Sound irgendwo zwischen Rap-Instrumentals und elektronischer Musik zu etikettieren, da hatten die FoF-Musiker diesen Sound längst mit-definiert.

»Ich denke, dass es weniger darum geht einen Rohdiamanten zu finden, der aus dem Nirgendwo kommt, als darum jemanden zu finden, der bereit ist mit seiner Kunst den nächsten Schritt zu gehen.«

Leeor Brown
So eindringlich wie möglich
Friends Of Friends läuft vor allem über eines: Networking. Der Name des Labels ist Programm – weiterhin, auch wenn Künstler wie Shlohmo inzwischen auch bei Menschen bekannt sind, die neue Musik fernab von Musik-Blogs kennenlernen. Shlohmo wie auch Tomas Barford lernte Leeor Brown über MySpace kennen. »Ha, ich war wie viele sehr auf MySpace hängengeblieben. Mehr als alles andere, empfinde ich diese Zeiten als eine Ära. Die MySpace-Ära.« Eine Ära, aus der schließlich Friends Of Friends hervorging und die bis heute die Arbeitsethik des Labels bestimmt. Künstler wie Shlohmo, Salva, Groundislava, Jerome LOL, Evenings und der Altmeister Daedelus (um nur einige zu nennen) bilden ein Netzwerk, lassen die Artworks zu ihren Alben von Freunden designen, legen oft gemeinsam auf und definieren nicht nur den Sound des Labels, sondern auch eine seiner Kernideen: Zwar bleibt Friends Of Friends Music ein kleines Label mit kleinem Budget, doch »wenn du dich leidenschaftlich darauf konzentrierst, was du kulturell unterstützen willst, dann kannst du nichts falsch machen«. Leeor Brown hat diese klare Vorstellung, was er unterstützen will. Er weiß genau, welchen Sound er auf dem Label will und ist sich bewusst, dass eine Ästhetik, die über das Musikalische hinausgeht, wichtig ist. »Es geht darum, so eindringlich wie möglich zu sein. Videos, Websides, ›freaky‹ tumblrs und so…Es geht darum den Leuten eine Welt zu zeigen, die es zu entdecken gibt«, beschreibt Brown die Idee rund um die Veröffentlichungen.

Der nächste Schritt
Doch wie findet FoF heute seine Künstler, wo MySpace so wenig angesagt ist wie Buffalos nach der Jahrtausendwende und eine unzählbare Schar an Musikern Songs auf Soundcloud hochladen? Um erst gar nicht in diesem Meer fischen zu müssen, sucht sich Brown Künstler, die bereits aus der Masse hervorstechen: »Ich denke, dass es weniger darum geht einen Rohdiamanten zu finden, der aus dem Nirgendwo kommt, als darum jemanden zu finden, der bereit ist mit seiner Kunst den nächsten Schritt zu gehen.« Die nächsten die dazu bereits sind, sind Kyson und Perera Elsewhere. Und wer weiß, irgendwann gründet vielleicht ein anderer 19jähriger Erstbekiffter ein Plattenlabel, weil er einen Auftritt von einem der beiden gesehen hat.