Deltron 3030 – Hip Hop, Comics und Science Fiction

07.10.2013
Dreizehn Jahre nach ihrem Debüt veröffentlichen Del Tha Funkee Homosapien, Dan The Automator und Kid Koala in diesen Tagen den ersehnten Nachfolger. Wir sprachen mit Kid Koala über Star Wars, Legenden, Comics und das neue Album.

Kid Koala bekommt zu wenig Respekt. Sagt er natürlich nicht, doch trotzdem gehört der kanadische DJ zu den wichtigsten Machern im HipHop der letzten Jahre, ohne dass es besonders viele Leute mitbekommen würden – nicht zuletzt durch seinen Beitrag an Deltron 3030 einer Hip Hop-Supergroup mit Del Tha Funkee Homosapien und Dan The Automator. Vor dreizehn veröffentlichte das Trio mit seinem futuristischen Debüt eine der besten und wichtigsten Platten der jüngeren Musikgeschichte. Seitdem herrschte Stille. Jetzt ist mit »Event II« das zweite Album erschienen. In der Zwischenzeit trieben sich die Protagonisten bei anderen Projekten rum. Kid Koala veröffentlichte etwa zwei Comics. Ein Gespräch über Star Wars, Legenden, Comics und das neue Album.

Lass uns mit einer der bedeutsamsten Science Fiction-Fragen aller Zeiten beginnen: »Star Wars« oder »Stark Trek«?
Kid Koala: Lass mich mal überlegen. Ich würde für mich persönlich sagen: »Star Wars«. Im Kern hat es viel von Zen-Philosophie. (lacht) Was ich an »Star Trek« mag, obwohl ich es nie wirklich oft geschaut habe, ist die Idee, unerschrocken dahinzugehen, wo vorher noch nie jemand war. Das ist vielleicht auch ziemlich zentral in der Science-fiction. Und besonders die Motivation dieser Serie gewesen – das Unbekannte zu entdecken. Das ist musikalisch etwas, das bei mir und Dan the Automator ebenfalls mitschwingt: Immer zu schauen, was als nächstes kommt. Bei »Star Wars« erinnere ich mich aber an die besten Momente meiner Kindheit in einem Kino! Die Vorbereitung mit meinen Freunden, um diese Filme zu sehen, zum Beispiel. Wir hatten keine Ahnung, was wir sehen würden, weil so was vorher noch nie gemacht wurde. In seinem Kern hat »Star Wars« eine sehr universelle Stimmung, die in der echten Welt genauso viel Sinn macht, wie in der Sci-Fi-Welt.

Was fasziniert dich denn an der Zukunft?
Kid Koala: (lacht) Was mich an der Zukunft fasziniert…?

Ja, bei der ganzen Sache mit Deltron 3030 geht es doch schließlich um die Zukunft…
Kid Koala: Es spielt natürlich in der Zukunft. Durch das Setting in der Zukunft hatte Del die Möglichkeit, auch Kommentare zur Gegenwart abzugeben und sich ein paar Freiheiten zu nehmen, wohin das alles geht. Schau dir die Politik, die Wirtschaft und die ökologische Krise an – das passiert heute, wie wird es dann 3030 sein? Es geht letztendlich aber um Dinge, die heute passieren. Ich kann nicht für Del sprechen und habe nur in Interviews ein paar Sachen von ihm dazu gehört. Unser Punkt, warum wir es in 3030 stattfinden lassen, war aber, dass wir futuristische Musik machen wollten. Es erlaubt dir, deine Vorstellungskraft zu benutzen und dir ein paar freie Gedanken über diese Dinge zu machen.

Und warum hat es so lange gedauert, bis ihr euer zweites Album »Event II« fertiggestellt hattet?
Kid Koala: Wir hatten die Platte vor ziemlich genau einem Jahr fertig, wir tourten mit dem Material ja schon vor einiger Zeit und haben mit einem Orchester experimentiert. Das ist einer der Gründe, warum die Produktion noch ein wenig länger gedauert hat . Aber wir fingen mit der Arbeit daran direkt nach der ersten Deltron-Tour an. Del begann mit dem Schreiben und hat all seine Lyrics auf einer Festplatte verloren. (lacht) Das war so nach zwei Jahren im Arbeitsprozess. Seine Festplatte schmierte aus dem Nichts ab und Del musste noch einmal von vorne anfangen, da waren wir aber schon auch an anderen Projekten dran. Dan und ich haben aber stets kontinuierlich an der Musik gearbeitet. Manche Ideen entstanden vor zehn Jahren und die meisten sind auf dem neuen Album, aber wir haben sie neu arrangiert oder an Dels Texte angepasst. Vor zwei Jahren fing er mit den Recherchen zu den Sachen an, die er auf der Platte thematisieren wollte. Irgendwann sagte er dann, dass er fertig ist und legte los – 85 Prozent der Lyrics sind wohl in dieser Phase des Schreibens entstanden. Aber für die Beats haben wir uns die ganze Zeit getroffen. Dan hat mich in Montreal besucht oder Del war auf Tour und schaute kurz vorbei.

»Durch das Setting in der Zukunft hatte Del die Möglichkeit, auch Kommentare zur Gegenwart abzugeben und sich ein paar Freiheiten zu nehmen, wohin das alles geht.«

Kid Koala
Hattet ihr bei den Arbeiten eigentlich Angst, dass ihr den Legendenstatus eures ersten Albums mit der neuen Platte zerstören könntet?
Kid Koala: Als wir das erste Album veröffentlicht haben, war es wie nichts anderes und wir wussten nicht, wie die Leute reagieren würden. Wir sind auch nur durch zwölf Städte getourt damals. Wir kamen ja alle von anderen Touren und dachten uns, dass wir zwölf Städte spielen und das war es dann. Und deswegen sind die Leute wahrscheinlich so aufgeregt. (lacht) Wir sind nie nach Europa gekommen mit unseren Live-Shows. Und deswegen kursierte nur die Musik und für ein paar Leute dauerte es auch ein wenig, bis sie bei ihnen ankam. Aber wir hatten keine Angst davor. Was die Themen angeht, wollte Del es dieses Mal ernster angehen lassen.

Warum gibt es über die gesamte Geschichte zu Deltron nicht auch einen Comic? Du hast ja selbst schon zwei Graphic Novels veröffentlicht.
Kid Koala: Es gab Gespräche mit Oni Press. Ich glaube, es könnte noch passieren, ich bin da aber nicht auf dem neuesten Stand. Das letzte, was ich gehört habe, war, dass sie es gerne machen würden und Autoren sowie Zeichner suchen. Vielleicht ist das sogar noch aktuell. Ursprünglich hatte ich gedacht, dass die Sache veröffentlicht wird, wenn das Album fertig ist – jetzt dauert es wohl länger. Für das Artwork hatten wir für »Event II« Alex Pardee , ich liebe seinen Stil, der ist großartig. Ich hoffe aber, dass da noch ein echter Comic kommt, wir gehen das mit Oni Press an.

Wenn Du die Chance hättest und dir für dieses Projekt einen Comicautor aussuchen dürftest, welchen würdest Du dafür benennen?
Kid Koala: Das ist eine sehr gute Frage. (überlegt) Mhm. Ich weiß nicht. Vielleicht Moebius. Manche der Comics, die mir gefallen, gehören nicht zum Superhelden-Medium. Mir gefallen eher so abgefahrenere Sachen wie eben Alex Pardee. Es kommt aber auf die Story an, die müssten die Autoren zuerst schreiben. Es gibt aber so viele großartige Talente. Es müsste jemand sein, der die Dunkelheit der ganzen Sache gut darstellt. Del malt ja sehr bildlich mit seinen Texten, wie düster und öde es ist.

Ich hätte gedacht, du würdest jetzt jemanden wie Warren Ellis mit »Transmetropolitan« nennen.
Kid Koala: Oh, ja! Es könnten total viele Leute machen. Vielleicht sollten wir eine Serie angehen, wo jede Ausgabe von einem anderen Zeichner erzählt wird. Das könnte ziemlich cool werden.