Ausklang | 2017KW37

15.09.2017
Hunderte neue Releases, jede Woche. Davon viele sehr gut – und bereits von diversen Portalen vorgestellt. Wir präsentieren: die unvorgestelltesten, besten Releases der Woche. Ab vom Schuss, leicht daneben und tierisch geil: der Ausklang.

Das ist jetzt sicher nicht der beste Song von Teresa Winters ziemlich großartigen neuen Platte »Untitled Death«, aber der einzig streambare, also »Maul!« an mich selber. Dieser Sexbot-Ambient/Machinenen-Dream-Pop ist one hell of a drug, ich stehe nackt mit VR-Brille im Gesicht im Raum und lutsche nachdrücklich ein Gletschereis. PK


Tarquin Manek & Martina Quake
Locks On Our Doors Not On Our Hearts
Blackest Ever Black • 2017 • ab 16.99€
Ist jetzt nichts wahnsinnig Neues, Poesie von der Sprachausgabe des Computers vortragen zu lassen. Aber was die Sprachausgaben-Tante bzw. wahrscheinlich die Mischung aus Martina Quake und der Sprachausgaben-Tante auf »Looks On Our Doors Not On Our Hearts« mit Tarquin Manek verzapft, nimmt mich mit wie ein fremder Mann mit Mütze im Auto, der mir Gletschereis anbietet. PK

Midori Takada & Masahiko Satoh
Lunar Cruise
WRWTFWW • 2017 • ab 19.99€
Auf dem Mond sein, im Herzen der Geschichte. Sich umschauen, ins Nichts starren und an der Imposanz der Paläste vergehen. Wenn wir nicht hier wären, wer wären wir dann? Staub, aufgewirbelt am anderen Ende der Zeit, oder zumindest in einer ewigen Bewegung erfroren, pudelwohl und querverlegt gegen die sanfte Brise, die da nicht weht. Verfroren genug, um vor Schönheit mit Demut zu kapitulieren. Kommt ihr mit? Irgendwer hat behauptet, da oben würde ein Schulterklopfen nur den Gegenwert eines dezenten Lächelns wiegen und der Whiskey ist auf immer umsonst. Das Kodewort lautet »Bebop«, die Rückkehr ist ausgeschlossen. KC


Sie hatte im tantrischen Techtelmechtel der Kundalini-Schlange den Kopf abgebissen und die einzige Möglichkeit sie jetzt noch unbesehen aus diesem indischen Dorf zu bringen, war, sie in einen dieser dicken Teppiche zu wickeln und als Händler getarnt flußabwärts zu ziehen. Es war nicht zu erwarten, dass sie von der Dorfgemeinschaft als stolzer Fasan angesehen würde, als Blauer Pfau, die hier von den Bauern als Kobrakiller heimlich verehrt würden, denn schlechtes Karma war bereits spürbar, auch wenn die Dorfkapelle Suns Of Arqa noch immer unversehens die Bansuri blies. SH


Die Orangen
Zest
Malka Tuti • 2017 • ab 23.99€
Manchmal kann es schon eine Landflucht bedeuten, nur das Thermometer aufzudrehen. Sich für einen kurzen Moment woanders wägen. Der Staub jammert in den Zahnzwischenräumen einen eiskalten Blues. Das monotone Surren trägt uns weiter, nur die Schlagen kommen mit. Wir landen irgendwo am Scheidepunkt der achtziger Jahre, starren uns an und sehen nur flimmernde VHS-Effekte. Dann kommt die Gitarren, kommt der Beat, kommt die Flut. KC

Missy Elliott
Miss E … So Addictive
Atlantic • 2017 • ab 18.99€
À propos Vergangenheit. 2001 waren sowohl MTV wie VIVA und also Musikfernsehen noch ein Ding, bis zur Überhandnahme der Reality Shows (müssen wir dafür eigentlich Kazaa danken?) waren es noch wenige Monate hin. Um das Video von Missy Elliotts »Get Ur Freak On« gab es im stillen Kämmerlein kein Drumrumkommen. Alles hier ist von der Produktion über den Flow hin zu den irrwitzigen Kapriziosen so on point und doch so verschoben, dass ich mir eine neue Jugend wünsche. Eine neue Jugend, in dem mein Rückgrat aus dem sozialen Zwangskorsett dieser beschaulichen Kleinstadt rausgestakt hätte wie ein Mittelfinger aus der Faust. KC

V.A.
Trax Test Excerpts From The Modular Network 1981-1987
Ecstatic • 2017 • ab 27.99€
Ich freue mich bereits auf Weihnachten, weil dann niemand Mails schreibt und ich mir stundenlang fettige Aufläufe stapeln kann, die ich dann im Bett über (Studienratvoice) einem guten Buch (/Studienratvoice) in mein Gesicht stopfe. Mein eigentlicher religiöser Feiertag kommt etwas früher, am 19. Dezember. Dann hat Masami Akita Geburtstag und ich werde den gesamten Tag über a) Pflanzen fressen, b) mein verkrustetes Merzbow-Shirt tragen und c) alles von Masami-senpai blasten, was ich in der rund 30GB großen Sammlung finde. Den hier werde ich mir frühmorgens vor dem ersten Hahnenschrei gönnen, derweil ich die Blätter meines Sencha ankreische, noch mehr Gas zu geben. Und dann nachts noch mal, wenn ich mit einer halbschweren Psychose und viel Vodka im Hinterkopf zum nächsten Dancefloor robbe, Hass und einen Schimmer Verzweiflung im Auge und den Worten »Eure Herrschaft währe tausend Generationen, …« im Ohr. KC

Pinch & Mumdance
Control
Tectonic • 2017 • ab 8.99€
Mit Pinch & Mumdance hinein ins Zucken der Stroboskope, das uns in alle Farben des Regenbogens zerlegt, on and off, Yin und Yang, hart und weich, sichtbar und unsichtbar. Rote Lippen. Nichts. Ein Flüstern im Ohr. Nichts. »Kennst du den schon? Sagt ein Licht zum anderen: ›Du bist nicht meine Wellenlänge.‹«. Kein Lachen. Nichts. SH