Utopia Records

Utopia Records ist ein 2015 vom DJ Alex Bradley gegründetes, britisches Label aus London.

Ein Label namens Utopie? Klingt nach einem hohen Anspruch und der steht auch dahinter. Bradley kommt aus einer Künstlerfamilie, alternative Lebenskonzepte wurden ihm quasi in die Wiege gelegt. Kurz nach der Jahrtausendwende organisierte er in London die Veranstaltungsreihe Love Fever, die genau diesen Spirit auf den Dancefloor bringen sollte und sich explizit an legendären New Yorker Clubinstitutionen wie David Mancusos The Loft oder der Paradise Garage orientierte. Am Tag arbeitete Bradley als Schneider in der mythenumwobenen Savile Row, wo David Gilmour von den Pink Floyd oder Peter Savile von Factory Records, der Gestalter von ikonischen Plattencover wie denen Joy Divisions und New Orders, ein und aus gingen. _»Ihre Herangehensweise an Design leitete mich darin, wie ich die Nacht anging«_, erinnerte sich Bradley. Die hedonistischen Partys und das daraus resultierende Label gleichen Namens erschöpften Bardley aber auch – es war Zeit für etwas Neues. _»Es passierten Dinge, die mich in eine andere Richtung trieben, was musikalische Erlebnisse und das Leben an sich angeht«_, erinnert sich der DJ. _»Weg vom Eskapismus der Dance Music-Welt und zurück zu meinen Wurzeln.«_

Im Rahmen seiner einmonatigen Residency beim Radiosender NTS entwickelte Bradley einen neuen Sound. _»Mit Vierte-Welt-Soundscapes und einer spirituelleren und deeperen Version von Dance Music weitab von dem verdrogten, dreckigen Sound den ich vorher gespielt haben«_, beschreibt der Labelgründer es. Zu Utopia gehören erneut Veranstaltungen, bei denen schon mal gern ein Aromatherapeut den Floor besprüht, im Kern aber steht das Label. Dieses nahm allerdings mit einer Dance-EP ihren Auftakt, wenngleich die eine ganz besondere Bedeutung für Bradley hat. _»Ich hatte einen Erweckungsmoment, als ich mir ‘Low Tension’ von Manabu Nagayama und Soichi Terada neu anhörte, wie eine Nachricht von irgendwoher…«_, schwärmt er. Derweil die sanften Deep House-Grooves von Terada fast zeitgleich von Rush Hour neu unters Publikum gebracht wurden, machte das Reissue der Japaner den Anfang eines dezidiert international ausgerichteten Projekts: Aus Italien, England, Spanien, Griechenland oder Brasilien beziehungsweise Deutschland kommen die Releases, für die sich unter anderem Modaji, Lars Bartkuhn oder Vangelis Katsoulis verantwortlich zeigen.

Grenzenlos wie der Roster selbst ist auch der Sound, der zwischen dezenten Beats und cleaner New Age-Ästhetik schwankt. _»Ich versuche, die Punkte zwischen dem Musikhören, meditativen experimentellen Soundscapes und echter Dance Music zu verbinden«_, erklärt Bradley das Miteinander der verschiedenen Positionen. _»Eine Kombination von organischen Sounds und Elektronik.«_ So wohl müssen Utopien heute aussehen oder besser noch: klingen. Bradley zumindest ist zuversichtlich, dass der derzeitige Partyeskapismus bald schon abwechslungsreicheren, nachhaltigeren Konzepten weichen wird. Möge er Recht behalten.