Ausklang | New Music Friday – Neue Musik von SOPHIE, Arca et al

02.10.15
Woche für Woche picken wir Tracks, die uns in den vorausgegangenen sieben Tagen nicht aus dem Kopf gehen wollten, deren Release auf den heutigen Tag fällt oder einem anderen Pseudogrund unterliegen.
»MSMSMSM« by SOPHIE
taken from SOPHIE’s new albumt »SILICON PRODUCT«, out November 27th on NUMBERS

Beginnen wir mit den wichtigsten News aus der Welt der elektronischen Tanzmusik: Math-Dad-Rocker Steve Albini findet Techno scheiße. Okay, tja. Newswert sieht anders aus. Selbes gilt für Claire Danes’ Berghain-Gossip, der die Fremdscham nicht wert war. Dann: Ten Walls entschuldigt sich bei der LGBT-Community für sein homophoben Bullshit; genauer gesagt entschuldigt er sich bei Menschen mit »different sexual attitudes«. Sexualität ist keine Einstellung, du Nacken. Nichts gelernt, also weiter mit den wirklich wichtigen Dingen: Musik kommt jetzt endlich nicht mehr auf Tonträger, sondern als Doppeldildo Danke, SOPHIE. Der kunterbunte Vorab-Jingle zum edelschwarzen Schwengel ist ein bisschen egal, aber der Kontext macht’s halt geil. Pun intended, aber wem sage ich das. KC
»Elis« by Sega Bodega
taken from his new EP »Sportswear«, due out October 23th on Activia Benz
Der eine Release kommt mit Dildo, der nächste mit Tracksuit. Der Typ, der heißt wie eine südamerikanische Dreamcast-Daddelstube, schickt tatsächlich mit seiner neuen EP einen Tracksuit mit. Dildos und Tracksuits, das ist a) eine stimmige Kombination und b) könnte es gut und gerne der Titel des nächsten Releases aus dem Hause PC Music sein. Damit hat »Elis« zum Glück gar nichts zu tun: der klingt nach Clams Casino. Und »I’m God« ist nun auch wirklich der einzig richtige Gedanke, wenn man völlig autark im neuen Tracksuit und mit Dildo in seinem viereckigen Zimmer sitzt. PK
»The Lavishments Of Light Looking« by WOKE (Flying Lotus, Shabazz Palaces, Thundercat) feat. George Clinton
Die Grundpfeiler für eine herrliche Sauigelei mit sich Selbst stehen also. Für die meisten sollte die Kollabo von FlyLo, Shabazz Palaces und Thundercat (Ausrufezeichen in stetig ansteigender Fülle hinter jedem Name bitte mitdenken) dann auch gleich dafür sorgen, dass das Höschen um einen Aggregatzustand reicher ist. Und entlang von nassen Claps (hat der Kornils schon wieder schwitzige Hände?), Bassgitarre, psychedelischem Tröten und Fiepen, und Raps von Donald Ducks bösen Zwillingsbruder kann man zu diesem Track in ruhiger Exstase den Kopf in den Nacken werfen und die Augen unter geschlossenen Lieder weit in Richtung Stirn drehen. PK
»Don’t Ever Listen« by Sóley
taken from Sóley’s new EP »Don’t Ever Listen«, out October 30th on Morr Music

Kurzes Befangenheitsgeständnis: Als Sideshowgig habe ich für diese Platte den Pressetext geschrieben. Aber eben auch aus Leidenschaft, die bei mir in Sachen Sóley immer dann am größten wird, wenn die Formen ganz klein werden. »Don’t Ever Listen« passt so bequem in die hinterste Herzkammer wie ein Reclam-Büchlein in die Gesäßtasche einer handelsüblichen Jeans und kommt sogar buchstäblich mit Katzenjammer daher. Kurz, klein, Cat Content – count me in. KC
»Demo 1« by Aufgang B
taken from his new EP »B-Ware«, out sometime in December on Neubau
Mein Grundrecht auf Cat Content wird derweil von der schlimmsten Erkenntnis des Tages nachhaltig beeinträchtigt: mein Router stellt seinen Dienst ein und ich komme mir vor als hätte man mich direkt in Isolationshaft abgeschoben. So sehr, dass ich selbst die zwischenfunkenden Snares in Aufgang Bs Demo 1 nur noch als Morscode-Singnale meines verzweifelten WLAN-Signals wahrnehmen kann. Helft mir. Schnell. Dabei hatte ich doch noch so viel vor
hier und heute FA
»Empire Systems« by Rafael Anton Irisarri
taken from Rafael Anton Irisarri’s new album »A Fragile Geography«, out October 16th on room40

Es gibt Musik, die baut Welten auf und reißt sie im selben Moment wieder ein. »Empire Systems« – allein dieser Titel schon! – ist so eins. Ein neunminütiger Nebelhornschlepper von Drone-Track, der so gekonnt schichtet wie sonst nur Petrels und ein Pathos gleißen lässt, wie es William Basinski in besten Zeiten zu wirklichen Monumenten verdichtet hat. Okay, ihr merkt: Der wird dünnhäutig. Aber wieso auch nicht? Und: Will wer mit mir Händchen halten, während zu dieser Musik die Welt untergeht? Ich verspreche auch, nicht zu schwitzen. KC
»Soichiro« by Arca
taken from his new album »Mutant«, which has no release date yet
Vielleicht geht aber auch zu dieser Musik die Welt unter. Wenn hundert Riesenspinnen gegen eine riesige in Tracksuits gekleidete und mit Dildos bewaffnete Klon-Armee kämpfen. Arcas Track ist so gemeingefährlich, weil er untenrum im Versteckten wuselt und krabbelt und obenrum ganz deutlich mit der Kette rasselt und die Keule (no Schwengel) schwingt. PK