Ausklang | New Music Friday – Neue Musik von Spark Master Tape, MMOTH et al.

26.02.16
Woche für Woche picken wir Tracks, die uns in den vorausgegangenen sieben Tagen nicht aus dem Kopf gehen wollten, deren Release auf den heutigen Tag fällt oder einem anderen Pseudogrund unterliegen.
»Michael« by Forever
taken from Forever’s debut EP »Forever«, out now

Das Grau dieser Tage. Die verschobenen Tageszeiten. Das chronisch gewordene Augenrollen. Es helfen nur Momente sehnsüchtigen Swoonens, ob nun in Richtung »Love« (redaktionsweit) oder zum Abra-Support Forever (das bleibt mir allein). Zwischen den Akkordwechseln in die Tiefe eines sonnenbeschienenen Schlafes sacken, mit der Hoffnung auf ausbleibendes Erwachen hinter der Ohrmuschel. Würde hier jemand meinen Sade-Vergleich verstehen? Müsst ihr das? Nein, aber wenn ihr das nicht fühlt, dann klatscht es wohl. KC

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»Flower Of The Field II« by Mamiffer
from Mamiffer’s new album »The World Unseen«, out April 1st on Sige

Überhaupt, Vergleiche. Wie dumm ist der eigentlich: Stell dir vor, Julia Holter würde auf Demos für den Soundtrack zur dritten Twin Peaks-Staffel improvisieren. Krumm und krude, klar. Vor allem auch, weil die fragile Zärtlichkeit in kosmisches Dröhnen umschlägt, bevor Bob intervenieren kann oder die Black Lodge sich öffnet. Vielleicht ist es doch eher, als würde der Geist von Julia Holter in die Log Lady einfahren und nur die Eulen sind immer noch nicht das, was sie scheinen, die verfickten Federviecher. Zeit für ‘nen Kaffee. KC

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»Existence In The Unfurling« by Kaitlyn Aurelia Smith
from Kaitlyn Aurelia Smith’s new album »EARS«, out April 1st on Western Vinyl

Floating Points brought me here, natürlich, denn der bleiche Übereklektiker wird sicher seine eigene Handschrift in diesen knubbeligen Synthies erkannt haben. Was sein neues Album und definitiv auch nicht sein loungiges Live-Jazz-Placebo vermögen, das kann Kaitlyn Aurelia Smith: Über die reine Atmosphärenschaffung hinaus noch ein Statement abzuliefern. Das hier ist leise und verflüstert, aber wenn du dein Ohr an den Herzkranz legst, hörst du es: »Es ist alles nicht so schlimm, wie es aussieht. Der Tee wurde schon aufgesetzt und wird durch Feel-Good-Kristallen gefiltert, deine Mutter ist bereits auf dem Weg. Sie wird dich ins Bett bringen, dir aus der Unendlichen Geschichte vorlesen und wenn du am nächsten Tag aufwachst, werden nur gute Nachrichten deinen Newsfeed fluten.« Auch eskapistisch, aber wohltuend wie ein großer Schluck Glypho-Pop nach dem Ausdauertraining, das wir Alltagsleben nennen. KC

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»Launderette« by Vivien Goldman
from the Vivien Goldman compilation »Resolutionary (Songs 1979-1982)«, out May 20th on Staubgold

Es sollte uns allen ein dringendes Anliegen sein, nur semi-berühmt zu werden. So wie Vivien Goldman nur semi-berühmt wurde und jetzt in ihrem Wikipedia-Eintrag Sätze wie »Goldman wrote songs for artists such as Massive Attack

and launched the video career of Flavor Flav.

« stehen hat. »Citation Needed« ist ja das schönste Synonym für Instant-Mythenbildung und Mythen können doch so viel großartiger sein als belegbare und allseits verfügbare Wahrheiten. Auch deshalb ist die Semi-Berühmtheit so fantastisch: Weil irgendwann sowieso Staubgold auf den Plan treten und die Welt mit den wichtigsten Platten, von denen niemand je etwas gehört hatte, zum Glauben an das Gute in der Musik bekehren können. Nach Family Fodder retten sie nun Vivien Goldmans geilen, aus dem Ärmel geschüttelten Post-Punk mit Dub-Spritzern in die Gegenwart, in welcher sie nur semi-berühmt ist. KC

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»EVA (IVVVO SENSIMILLA CUT)« by MMOTHS
from MMOTHS’ new album »Luneworks«, out March 11th on OYAE

Vertane Chance: IVVVO remixt einen Song namens »EVA« und nennt ihn nicht »EVVVA«. Deshalb nur 11 von 12 möglichen Punkten für diesen Schmelzer, der MMOTHS’ Gejaule mit Residual-Breaks aus dem Abgrund hervorzieht und wie in einer schlechten Mystery-Serie aus den Neunzigern durch die amorphe Fernsehmattscheibe in IVVVOs Privatfantasien vom Rave nach dem Tode aller Raves schleudert, VHS-Knacksen inklusive. Das ist an sich schon so billig und effektiv, dass es das potenzielle Wortspiel im Titel wiederum überflüssig macht. Lassen wir also mal 11 gerade sein. KC

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»Somebody Else Will feat. Missy Elliott« by Tweet
from the album »Charlene«, out now on eOne

»Oops…oh my«, wenn ich an diesen Song denke. Ein Song, dessen Tonspur alleine so sexy war, dass Rihannas Nippel dagegen so anturnend erscheinen, wie der Stöpsel in der Badewanne einer semi-gut gewarteten WG-Badewanne. Zu keiner anderen Tonspur sonst könnte ich in weniger als einer Minute… Seitdem hat Tweet bei mir ein Stein am Brett in der Hose. Jetzt ist sie zurück – mit der ebenfalls zurückseienden Missy Elliott. PK

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»Livin’ Lavish« by Spark Master Tape
So, pack den Schniedelwutz weg und die Gasmasken aus, als wärst du mit Saunieren fertig und draußen herrsche ein mit ABC-Waffen geführter Krieg. Keine Ahnung, wer während einem solchen Krieg noch Saunieren geht, aber es soll ja Leute geben, die haben die Ruhe weg. »Livin’ Lavish« klingt, als würde man mit einem Panzer in den Rodeo Drive abbiegen, alles zerbombt, die Asche fliegt noch durch die Luft, nur der Louis Vuitton steht noch. Und das wiederum wundert mich gar nicht, dass es noch Leute gibt, die bei LV plündern, während die Welt in Trümmern liegt. Toller Song, ein präzises Bild eines sehr möglichen Weltuntergangs. PK

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