Review

Love Songs

Inselbegabung

Kame House • 2018

Wäre die neue EP *»Inselbegabung« von Love Songs eine Frisur, sie wäre ein strenger Bob in einem grellen Blau. Denn jeder der drei Tracks schreit direkt: Kunst! Das fängt beim Opener »Im Quadrat« an und zieht sich durch die etwas mehr als 25 Minuten durch. Da verliest jemand ein munteres Manifest, nachdem es vorher die Diktion der misanthropischen und assoziativen Lyrik gab. »Wir brauchen neue Zähne, neue Zähne brauchen wir.« Aber selbstverständlich. Durch die Verzerrung erinnert das ein wenig an Kraftwerk, das ist aber mehr eine sehr ferne Referenz. Vielmehr tastet sich das Hamburger Trio hier an einen eigenen experimentellen Sound heran. Was am Ende vor allem im Titeltrack dieser EP funktioniert, in dem die Ansätze aus den beiden Vorgängerstücken zu einem viertelstündigen Gemisch aus Ambient, Experimental und House verschmelzen. Die Beats liegen so eng aneinander, dass hier ein wunderbarer hypnotischer Sog entsteht, ein Kreisen der Takte, der Momente. Dahinter darf ein Synthesizer eine kleine Fläche aufbauen. Auch die Vocals sind weit weniger aufdringlich als beim Auftakt. Doch trotz des letzten Tracks bleibt »Inselbegabung« eine Kopfmusik, eine EP, die Konzentration fordert, die im Geiste zerlegt und wieder zusammengesetzt werden will. Da können die Rhythmen noch so karg und reduziert daherkommen. Vom Sound her liegen Love Songs trotzdem im Zeitgeist, die Attitüde passt. Diese drei Tracks passen eben einfach besser in jede Kunsthalle, in Ausstellungsräume, in denen auf Röhrenfernsehern nackte Menschen in Zeitlupe ihre Körper komplett mit Tesafilm einpacken. Manchmal bleibt so der Eindruck, dass sich diese Tracks selbst etwas zu ernstnehmen, vielleicht ein wenig mehr aus dem Rahmen fallen könnten, um das Bild zu vervollständigen. Denn die Komposition stimmt. Aber mutmaßlich gibt es weit schlimmeres Lob, als die Feststellung: Das hier ist Kunst. Und sehr angenehm anzuhören dazu.