Review

The Cinematic Orchestra

To Believe

Ninja Tune • 2019

Ist das wirklich schon so lange her? Das letzte Studioalbum von The Cinematic Orchestra erschien MItte des letzten Jahrzehnts, vor Donald Trump und Brexit, vor den arabischen Revolten und dem Krieg in Syrien, ja sogar vor Finanzkrise und Obama. »Ma Fleur« kam 2007 in eine gänzlich andere Welt. Nachdem Bandleader Jason Swinscoe mit den namensgebenden cinematografischen Soundlandschaften aus Jazz und Electronica-Elementen schon zum Mastermind des Nu Jazz getauften Genres erhoben worden war, markierte »Ma Fleur« einen Neuanfang: Ein zurückhaltendes und intimes Album, dabei gleichzeitig ein eigener Entwurf von gefühlvollem Pop in der Hochphase von Coldplay und Co.

Die Zeit seit 2007 nutzten Swinscoe und seine MitmusikerInnen für Naturdoku- und Kurzfilm-Soundtracks sowie einen eigenen »Late Night Tales«-Beitrag. Vor allem aber für eine Reflektion der zwischenzeitlichen Ereignisse und damit einhergehend mit den Grundlagen menschlichen Zusammenlebens. So wurde die jahrelange Arbeit am Album für Swinscoe und Langzeitkollaborateur Dominic Smith zu einer Auseinandersetzung mit dem Glauben: »To Believe«. Das Werk, das die beiden über mehrere Jahre hinweg ausarbeiteten, sollte ein abermaliger Neuanfang werden: Brainfeeder-Produzent Dorian Concept war dafür zuständig, den Los-Angeles-Vibe auf »To Believe« unterzubringen. So klingen Stücke wie »A Caged Bird / Imitations Of Life« und »The Workers Of Art« wie ein bassiges Update des Cinematic-Orchestra-Sounds. Das ist gelungen, und doch nicht wirklich bahnbrechend. Denn der Ansatz der Gruppe, Jazz, Electronica und Pop zu ausufernden Soundcollagen zusammenzuführen, hat ja inzwischen seine Kreise gezogen, wie man an Künstlern wie Bonobo oder Floating Points sieht.

Auf weiten Strecken wirkt »To Believe« dann doch eher wie eine Reinterpretation der eigenen Vergangenheit. Das wird schon an den Gastsängern deutlich: Roots Manuva hatte mit »All Things To All Men« schon 2002 seinen Einstand im Cinematic-Orchestra-Kosmos, Grey Reverend und Heidi Vogel sind schon seit vielen Jahren im Umfeld der Gruppe unterwegs. So ist es auch mit der musikalischen Grundstimmung des Albums: Es flirrt und brummt zwar mehr, doch vom eröffnenden Titelstück mit Moses Sumney über das instrumentale »Lessons« bis hin zum Schluss »A Promise« erinnert vieles an die getragene Grundstimmung auf »Ma Fleur«. Einiges ist seitdem geschehen, Jason Swinscoes Affinität zum Pop aber blieb.