Review

Altin Gün

Gece

Glitterbeat • 2019

Altın Gün lassen die goldene Ära des Anatolischen Rocks aufleben. Die 2017 in Amsterdam gegründete sechsköpfige Band um Gründer Jasper Verhulst schultert einmal mehr die Gitarren und Langhalslauten und schleift sie auf ihrem zweiten Album »Gece« durch kreischende Wahwah-Effektgeräte, um den Shisha-Rauch mit sehnlichem Gesang tief einzusaugen und über groovenden Basslines im Sinne der türkischen Hochzeit des Psychedlic Rocks wiederauszuhusten. So ähnlich haben Altın Gün das bereits auf ihrem im letzten Jahr erschienenen Debüt »On« praktiziert. Funktioniert aber immer noch großartig – und hält auch locker dem Vorwurf kultureller Appropriationen stand. Schließlich stehen mit Erdinç Ecevit und Merve Daşdemir zwei türkische Landsleute an den Mikrofonen, und Bandgründer Verhulst betont regelmäßig, dass ihnen nicht daran läge, den Sound der türkischen Vergangenheit zu kopieren, sondern ihn vielmehr neu zu interpretieren. Die Inspiration für diese Neuinterprationen finden Altın Gün vor allem in der Musik von Neşet Ertaş, der wie kein anderer die Musik des 20. Jahrhunderts in der Türkei geprägt hat. Seine Lieder elektrifizieren sie im Stil von Dan Auerbachs Black Keys (»Leyla«), bringen aber wie in »Derdimi Dokersem« auch den funkigen Sound des türkischen Staatskünstlers Özdemir Erdoğan mit rein und schrecken nicht davor zurück, die ein oder anderen Disco-Referenzen (»Supurgesi Yoncadan«) in die ausgefuchsten Arrangements zu streuen. Das bleibt – um dieses Bild zu strapazieren – in den Ohren kleben wie türkischer Honig in den Zähnen.

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Altin Gün
Gece
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