Review

Deep Nalström

Naive Melodies

Natural Selections • 2019

Unter dem Projektnamen Nummer veröffentlichten Emmanuel Corre und Silvère Letellier vor zwei Jahren ihr Debüt, dem bis auf eine Review bei Resident Advisor keine große Aufmerksamkeit im europäischen Musikjournalismus beschieden war. Obwohl »Second Sight« eine bemerkenswert variable Sammlung sublimer House-Produktionen ist, entschieden sich die beiden im Anschluss erst einmal dazu, mit Natural Selections ein eigenes Label auf die Beine zu stellen. Die Eröffnung übernahm letztes Jahr der russische Tribal-Ambient-Künstler Mårble, deren »Elixir Of Immortality« unter den gelungeneren zeitgenössischen Beiträgen zur Vierte-Welt-Musik rangiert, gleichzeitig aber auch den Sound des Hauses schon mal grob vorwegnimmt. Jon Hassell lässt mehr als einmal grüßen. Mit »Naive Melodies« von Deep Nalström gelingt nun eine mindestens gleichwertige Fortsetzung. Synthmelodien von verwunschener Schönheit schwirren da wie die Begleitmusik eines exotischen 64-Bit-Märchens durchs Kopfkino, in dem die Tiere von freundlichen Silikoninsekten ersetzt wurden. Alles schnalzt, fiept und kreischt, blubbert, dröhnt und rauscht, sirrt, flirrt und gleitet dahin. Alles ist im Fluss. Dem naiven New-Age-Dub in »Liquid Diamonds« hört man dabei ebenso genussvoll zu, wie den Spoken-Word-Passagen von »The Dream People« oder dem viszeralen »Inner Collapse«, der sich umschwärmt von Naturaufnahmen, Percussion-Breakbeats und psychedelisch modulierten Melodien entfaltet. Bangkok scheint hier genauso nah wie Bielefeld. Wird die Labelkuration ähnlich besonnen und hochqualitativ fortgeführt, dürften die Natural Selections in den kommenden Jahren für jede Menge entzückter Weltenbummler sorgen. Wertung dezidiert mit Luft nach oben.