Review

Iron Curtis

And The Temper

Office • 2019

Zehn Jahr ist es her, dass Johannes Paluka seine erste Solo-EP auf Mirau unter dem Namen Iron Curtis veröffentlichte und seitdem ist viel passiert. Zu viel vielleicht, denn nicht nur schaltete der Wahlberliner im letzten Jahr mit seinem Album »Upstream Color« in Sachen Geschwindigkeit einen Gang herunter, sondern geht die Dinge auch mit seinem Dancefloor-orientierten Material etwas langsamer an. Mit »And The Temper« kehrt er nun auf Baaz’ Label Office Recordings zurück. Eilig hat es diese Platte nicht, will auch nicht auf Gedeih und Verderben gefallen und tut es gerade deswegen. Von den schillernden Tönen des Openers »010103« mit seinem zuckenden Miteinander von Bass und Rhythmusgeklacker über den Hip-Hop-inspirierten Titeltrack sowie die drei House-Stücke im Kern der EP (konzentriert und nah am Electro gebaut: »Mars (Epoch Mix)«, After-Hour-gemächlich und reduziert: »Arash«, kurz und vielleicht als versteckte James-Stinson-Hommage angelegt: »Fine Fine I«) hin zum rauschend-verregneten Ambient-meets-Minimal-Music-Zittern von »Strategie ’98« wird hier eine kleine Geschichte erzählt. Vielleicht eine von einem, der für einen Feierabenddrink auszog und drei Tage später mit knautschigem Gesicht auf einer fremden Couch aufwacht. Wohl eher aber eine von einem Produzenten, der nicht aus Selbstfindungsgründen auf die Bremse getreten ist, sondern nur in seinem eigenen Tempo weiterhin auf der Suche nach dem perfekten Selbstausdruck bleibt und uns dran teilhaben lässt. »And The Temper« funktioniert als geschlossene Einheit, und allein das ist eine Seltenheit im House-Bereich. Die andere ist, wie gleichermaßen freundlich und melancholisch zugleich diese Musik in ihrem vielschichtigen Miteinander von Patina und Production Skills klingt.