Review

Oval

Scis

Thrill Jockey • 2020

Von den frühen Mille-Plateaux-Alben wie »Systemisch« und »94diskont« angefangen hin zu der EP »Oh« oder dem letzten Album »Popp« ist Oval schon immer Gradmesser und Prüfstand für Paradigmenwechsel in elektronischer Soundproduktion und -komposition gewesen. Bügelten die frühen Alben des damals noch als Trio agierenden Projekts die physische Anfälligkeit der slicken Compact Disc gegen den Strich, widmete sich Markus Popp als Solokünstler unter dem alten Pseudonym mittlerweile der Arbeit mit Plug-Ins oder Pop-Formaten und Fourth-World-Experimenten auf Klang-Bibliothek-Basis. Sein neues Album »Scis« klingt wie die perfekte Synthese aus den schwurbelig-wirbelnden Sounds der frühen Oval-Releases und den vertrackten rhythmischen Figuren, die Popps jüngere Veröffentlichtungen prägten. Nicht selten wirkt es deshalb auf knapp 45 Minuten so, als würde Popp zwei oder noch mehr Tracks übereinanderschichten und sie damit zu allzu barocken Ungetümen verzahnen. Auch das ist allerdings der Methode geschuldet: Für »Scis« nahm er sich Aufnahmen von unter anderem präparierten Pianos oder Holzbläsern als Ausgangslage, die geloopt und mit Sounds aus seiner Sammlung angereichert wurden. Viel Gefummel, umso mehr Gefrickel und doch klingt das Ergebnis weitaus lebendiger als so manch andere Platte, die in den vergangenen Tagen Ähnliches versuchte. Von Post-Rock über IDM hin zu Clicks’n’Cuts oder neueren Trends wie der sogenannten Deconstructed Club Music erinnert »Scis« schrittweise an zahlreiche Genres und Mikroströmungen, integriert das musikalische Allerlei aber in einen verlockenden Fluss. Das lässt sich gut und gerne als Gradmesser für die Definition von Muckertum im dritten Jahrzehnt dieses Jahrtausends verstehen, vor allem aber macht es einen Heidenspaß wie schon lange nicht mehr bei Oval oder irgendwo sonst.