Review

Pet Shop Boys

Hotspot

X2 • 2020

Ist das jetzt etwa auch der Brexit? Oder einfach das Alter? Bei der jüngsten musikalischen Intervention von Neil Tennant und Chris Lowe, die als Pet Shop Boys zu den dienstältesten Synthiepoppern der Welt zählen, hat man mit Produzent Stuart Price diesmal, noch stärker als auf den beiden von ihm betreuten Alben aus der jüngeren Vergangenheit, sehr an den klassischen Pet Shop Boys-Sound angeknüpft. »Hotspot« ist dabei so etwas wie ihre Berlin-Platte geworden. Sie wissen, wovon sie singen, man hat dort schließlich für ein paar Jahre gelebt. Aufgenommen ist es zum Teil in den altehrwürdigen Hansa-Studios, im Video zur hymnischen Single »Dreamland« haben sie sehr schön die U-Bahn-Oberflächen des Bahnhofs Alexanderplatz genutzt, um Karaoke-artige Projektionen des Songtexts in Schilder und andere Hinweistafeln zu integrieren. Das Ergebnis klingt in der überwältigenden Mehrheit sehr vertraut, auch in den Nummern, in denen Clubmusik ihren Weg in die Produktion gefunden hat. Und die balladenartigeren Stücke mit gelegentlicher Gitarre sind im Kosmos der Briten ebenfalls nichts Unbekanntes. Bleibt die Frage, ob es ein bisschen verzweifelter Trotz ist, aus dem heraus man ein paar Tage vor dem Abschied des Vereinigten Königreichs aus der EU noch einmal an die eigenen Tugenden erinnern will. Die sind nach wie vor gut in Schuss, Melodien wollen auch heute noch bei ihnen mitgesungen werden, und die Blechsynthiefanfaren bekommt eh keiner so charmant hin wie sie. Am meisten aus der Art geschlagen ist da noch der hüpfende Jubeltanz von »Wedding in Berlin« (Wortspiel beabsichtigt?) inklusive Hochzeitsmarschorgel. Das ist albern, macht aber zugleich Spaß. Selbstironie nicht ausgeschlossen. Ist aktuell vielleicht die beste Haltung.