Review

Against All Logic

2017-2019

Other People • 2020

Hält er sie für zu vorhersehbar, begegnet Nicolas Jaar seiner Arbeit stets mit einem gesunden Maß an Skepsis. Nach dem Release von »Sirens« hatte der New Yorker deshalb mit Kritik kein Problem und war selbst überzeugt, noch nicht auf diese eine spezielle Soundformel gestoßen zu sein. Ihre dokumentierten Zutaten bis dahin: Offensiv freimütiges Sampling ähnlich der unberechenbaren »Nymphs«-EPs, eine dementsprechend hörbar inkohärente Produktion, die aber dennoch von modularen Synthesizern atmosphärisch irgendwie zusammengehalten wird ohne die Tanzbarkeit seiner frühen Tracks preiszugeben. 2016 war das, da hatte er als Against All Logic erst drei mittelmäßige Singles und einen DJ-Mix veröffentlicht. Zwei Jahre feilen und schrauben vergingen, bis dem ersten Album »2012-2017« in sämtlichen Feuilletons Topwertungen entgegenflogen. Viele Vocal-Loops und soul-funkige Gitarren wie bei Darkside, veredelt durch üppige Produktionswerte und eine delikate Auswahl instrumenteller Samples gebaren da einen viszeralen Deep House, den bestenfalls mal Moodymann oder die Wamdue Kids ähnlich zu sequenzieren wussten. Um nicht als Anachronismus zu enden, verfolgt »2017-2019« nun einen anderen Style, deutlich aggressiver, dunkler, industrieller – wir sind schließlich in den neuen Zwanzigern. Wer prägnant bleiben will, muss Erwartungen knallhart ignorieren und genau das zur eigentlichen Qualität ummünzen. Hier gelingt es. Gleichzeitig kommt der zweite A.A.L.-Langspieler aber auch der gesuchten Wendung moderner Clubmusik näher denn je, indem er gängige Genre-Templates von innen aufbricht und plastisch macht. Tatsächlich klingt somit kein Track wie der Nächste, changiert alles zwischen House, Techno und post-industrieller Pastiche. Dabei wird vom trunkenen Beyoncé/Sean Paul-Mashup »Fantasy« über die surreale IDM-Perle »With An Addict« bis zu den krossen Distortions in »Deeeeeeefers« oder dem seraphischen Design von »Faith« ein Konzept verfolgt, das zwar eklektisch erscheint, aber trotzdem Imitationen vermeidet und flüssig ineinandergreift. Der Hype: Ausnahmsweise so absehbar wie berechtigt.