Review

Nicola Cruz

Hybridism

Multi Culti • 2020

Der Begriff »Multi-Kulti« wird, je nachdem, wer ihn benutzt, oft abwertend verwendet. Beim kanadischen Label Multi Culti ist aber sehr klar, dass die Betreiber den Namen positiv verstanden wissen wollen. Was sich an der Musik von Nicola Cruz bestens nachvollziehen lässt. Genaugenommen schon an seiner Person. Der in Frankreich von ecuadorianischstämmigen Eltern geborene Produzent wuchs zwischen europäischen Clubklängen und Andiner Musik auf. Inzwischen lebt er in Quito und verbindet dort musikalische Traditionen von überallher. Nigerianische Gesänge kombiniert er etwa mit Cumbia-Rhythmen (»Aima«), in »Naeku« treffen persische Oudtöne auf die Acid-Frequenzen einer japanischen Roland TB-303. »Drom Tradisie« setzt auf den Dialog von nordafrikanischer Perkussion und digitalen Synthesizern, wobei letztere auch schon mal Xylofone imitieren. Ein Höhepunkt ist der von filigranen Trommeln getragene »Third Eye Dub«, mit stilechten Echos gesampelter Stimmen und einem ziemlich hypnotischen Oud-Riff. Trance-Musik, sehr fein gewirkt, die gegen Ende noch einmal stärker zulegt. Meditativ dann der Abschluss mit »Kawe’s Dream«, versonnene Melodien und Gesänge inspiriert vom tibetanischen Buch der Toten »Bardö Thödol«, vorgetragen in einer Fantasiesprache. Man hätte ja ohnehin wohl eher wenig verstanden.