Review

Matthew Tavares & Leland Whitty

Visions

Mr Bongo • 2020

Ok, die wollen was. Matthew Tavares und Leland Whitty spielen hier nicht zum ersten Mal zusammen, waren sie zuvor doch Bandkollegen bei der in Kanada beheimateten entdeckungsfreudigen Fusion-Band BadBadNotGood aus der Matthew Tavares vergangenes Jahr ausstieg. »Visions«, ihr erstes gemeinsames Album als Duo, hat das Zeug zum großen Wurf, ein Statement in Sachen Jazz, das sich gar nicht auf eine bestimmte Formel beschränken will, ebenso komponiert wie improvisiert ist, dafür aber wie aus einem Guss daherkommt. In einem Take durchgespielt, zusammen mit dem Bassisten Julian Anderson-Bowes und Matthew Chalmers am Schlagzeug, kombinieren der Pianist und Gitarrist Tavares und Saxofonist Whitty das spirituell Epische mit dem introvertiert Pastoralen, lassen ein klein bisschen Ausraster als Verneigung in Richtung John Coltrane vorüberwehen, bleiben aber insgesamt sehr gesammelt und harmonisch. Die diskreten Chor- und Streichereinlagen, die im Hintergrund öfter durchhuschen, erinnern wohl mehr auf dem Papier als beim Hören an Kamasi Washingtons klanglich breit aufgestellten Jazz-Entwurf. Matty, wie beider Namen zusammengeschnurrt heißen, haben es eher auf die stillen Momente abgesehen. Und die gestalten sie einfach sehr, sehr gut. Bloß Matthew Chalmers will manchmal zu viele Drumfills pro Titel unterbringen. Ansonsten wirklich bewegend.