Review

Jon Hassell

Vernal Equinox

Ndeya • 2020

Der Anfang von etwas. Einlasstor für alle Fantasien von Ursprung und überhaupt. Das Gute an so einem Anfang: Er muss nicht immer schwer sein. Jedenfalls nicht für alle. Für die Hörer des ersten Soloalbums von Jon Hassell besteht die einzige Anforderung, sich an seinen Stil zu gewöhnen. Doch der tut nicht weh, tritt eher mit weichen Sohlen auf. Schon 1977 hatte Hassell seine »Fourth World Music« entwickelt, erprobte sie auf dieser Platte mit Kollegen wie dem brasilianischen Perkussionisten Naná Vasconcelos und dem Drone-kundigen Keyboarder David Rosenboom am Synthesizer. Nicht nur sind auf »Vernal Equinox« alle Elemente von Hassells Ästhetik vorhanden, sie entfalten auch vollständig ihre Wirkung. Die verfremdete, wie durch einen Schleier hindurchwehende Trompete Hassells tritt unaufdringlich in Dialog mit Vasconcelos’ sacht geschlagenen Trommeln, tritt ihre Erkundungen über den Liegetönen von Rosenboom an, wobei die durch Studien bei Pandit Pran Nath geschulten Melodien Hassells stets von einem abenteuerlustigen Selbstvertrauen getragen zu sein scheinen, das ihr Schweben grundiert, wenn man so möchte. Diese Mischung von tribalistischen Strukturen aus der ethnischen Musik, fusionhalber elektrifizierter Jazz-Improvisation und Ambient mag Jon Hassell auf späteren Alben noch weiter verfeinert haben. Hier ist sie soeben glücklich geschlüpft. Glücklich, wer sie heute zum ersten Mal hören kann.