Review

Ennio Morricone

OST Uccidete Il Vitello Grasso E Arrostitelo

Transversales Disques • 2020

Das ist mal ein Titel: »Tötet das fette Kalb und bratet es«. Da es sich bei dem zugehörigen Film von 1970 um einen italienischen Giallo handelt, steht zu vermuten, dass mit dem Kalb womöglich kein Tier gemeint sein könnte. Dass der Soundtrack dazu von Ennio Morricone zuvor weitgehend unbekannt war, hat damit zu tun, dass er jetzt allem Anschein nach zum ersten Mal überhaupt auf Tonträger herauskommt. Vielleicht aber auch damit, dass Morricone über 500 Filme vertont hat. »Uccidete il vitello grasso e arrostitelo« verzichtet auf große Orchesterflächen, beschränkt sich eher auf eine kammermusikalische Besetzung, in der Bass, Gitarre, Schlagzeug, Keyboards und Flöten dominieren. Hammondorgelklänge sorgen für psychedelischen Einschlag, wobei Morricone sich stets in kleinen Details, bevorzugt in seinen Melodien, als studierter Komponist zu erkennen gibt. Erstaunlich ist der fast minimalistische Charakter der Musik, die besonders im Titelstück mit hartnäckig repetitiven Figuren arbeitet, mehr Krautrock als italienischer Beat. Nicht alle dieser Wiederholungen können vergessen machen, dass dies Musik ist, die eher bei Bedarf im Hintergrund spielen soll, »Ricordo tanti fiori« etwa hängt ein wenig durch. Interessanter wird es da, wo Ennio Morricone seiner Fantasie freieren Lauf lässt wie in »Ai confini della follia«, in dem dissonante Flöten sich abwechseln mit impressionistischem Klavier, überlagert von zirpigen Cembalo-Tönen, gefolgt von Holzbläser-Clustern. Eine Art Klangcollage, in der sogar ein Synthesizer (oder eine leicht verfremdete Orgel?) für effektiv diffuse Verstörung sorgen. Kein ganz großer Wurf, vergleicht man ihn mit dem Soundtrack zum im selben Jahr erschienenen »Indagine su un cittadino al di sopra di ogni sospetto«, doch eine kleine Entdeckung allemal.