Review

Dear Reader

Idealistic Animals

City Slang • 2011

Südafrika ist ein Land mit elf Amtssprachen und unzähligen Dialekten. Multikulturell, kosmopolitisch und gefährlich wie kaum ein anderes Land. Es ist das Land von Dear Reader und Frontfrau Cherilyn MacNeil. Geboren in Johannesburg, hat sie sich inzwischen dem spannungsgeladenen Land entzogen, lebt in ihrer neuen Wahlheimat Berlin und spricht mittlerweile ein ganz passables Deutsch. Nach ihrem persönlichen Bruch mit dem Christentum und der Trennung von ihrem ehemaligem Bandkollegen und Produzenten Darryl Torr hat sie nun mit Idealistic Anmials das erste Album im neuen Habitat veröffentlicht. Herausgekommen ist ein dem Indie-Folk-Stil grundsätzlich treu gebliebenes Lo-Fi- Album, bei dem Cherilyn ihrer Kreativität aber erneut keine Grenzen setzt und in thematischer Experimentierfreude Tiere als Protagonisten verwendet. So kämpfen Affen, Elefanten und Kamele mit allzu menschlichen Problemen wie Melancholie, Sehnsucht und Angst. Es geht um das Auskundschaften von Urbedürfnissen menschlichen und tierischen Lebens, den Kampf ums Überleben und die Einsicht, dass kein Lebewesen die Überlegenheit für sich beanspruchen sollte. Als Beilage servieren Dear Reader eine sympathische Indie-Folk Mischung mit allem was dazu gehört. Akkordeon, Trompete, Klavier und Gitarre verschmelzen zu stampfende Rhythmen und transzendenten Melodien, die Cherilyns Stimme gekonnt in Szene setzen. Eigentlich prädestiniert für Weltmusik und Ethnokitsch, verzichten Dear Reader aber bewusst auf die Vermischung ihres Stils mit afrikanischen Elementen (siehe Vampire Weekend etc.). Wenn dann soll das doch bitte organisch und natürlich passieren und nicht künstlich zustande kommen. Nach wie vor halten sie sich an die großen Indie- und Folk-Vorbilder aus Amerika und vor allem Europa. Obwohl Cherilyn für Sport eigentlich nichts übrig hat, steht sie auch eher auf Fußball als auf Rugby. So viel dazu.