Review

Santigold

Master Of My Make-Believe

Atlantic • 2012

Es ist kurz nach Mitternacht, als sich »Disparate Youth« entblättert, der luftige Synthie über den Beat gleitet. »Oh, we said our dreams will carry us and if they don’t fly, we will run.« Die Nacht hat die drückende Hitze des Tages längst geschluckt und irgendwo da drin steht ein Fenster offen, aus dem »Master Of My Make-Believe« ertönt. Vier Jahre hat es gedauert, bis Santi White den Nachfolger zu ihrem Debüt fertigstellte. Neben Diplo fummelten auch Dave Sitek und Q-Tip bei einzelnen Tracks an der Produktion, aber das macht nicht den Unterschied im Sound aus. Denn Santigold ist als Künstlerin gewachsen, hat genau in die Spur gefunden, die exakt auf dem Nerv des Zeitgeistes liegt. Wenn »Fame« mit dem Zepter einschlägt oder »Big Mouth« sich Stück für Stück aufpumpt, dann geht es nicht mehr besser. Und dann kommt »The Keepers« – der Rhythmus galoppiert unter Santigolds Lyrics, bevor der ganze Track in Flammen steht. Hymnisch schraubt sich die Hook in die Höhe, prägt sich so einfach ein, ist es aber doch nicht und bleibt trotzdem unglaublich herrlich. Santigold versteht es Pop, Soul, ElectroPop, Hip Hop und eigentlich so ziemlich alles zu vereinen, was dieser Tage am Puls der Gegenwart liegt – alles vollkommen unaufgeregt und entspannt. »Master Of My Make-Believe« rotiert und rotiert, wächst und wächst. Die frühere Wucht liegt einfach eine Etage tiefer auf diesem Album. Und während sich die Lichter der Stadt langsam entzünden, schiebt sich die Sonne wieder hervor, kleckert vorsichtig an die Wände des Zimmers. »I heard it for a moment now, the riot’s gone, the riot’s gone.« In keinem Moment wirst Du Dich lebendiger fühlen, auch wenn es schmerzt. Es geht weiter – immer weiter.