Review

Sandy Bull & The Rhythm Ace

Live 1976

Drag City • 2012

Sandy Bull war einer der besten, aber wenig bekannten Gitarristen der 1960er Jahre und gleichzeitig Multiinstrumentalist. Auf dieser für sein Schaffen recht späten Live-Aufnahme im Berkeley Community Center spielt er auch Bass und Oud, eine nordafrikanische Laute. Für den Bandsound sorgt ein 4-Spur-Tapedeck, das japanische Rhythm Ace für die Drumpatterns. Dass eine solche Drummachine damals wohl noch recht ungebräuchlich war, beweist die etwas zu ausführlich geratene Demonstration von Walzern, Märschen und Bossa Nova-Rhythmen nach dem ersten Lied, die Sandy Bull aber, wie alle Ansagen, sehr nonchalant und humorig gestaltet. Die hier versammelten Jams zwischen Folk, Jazz und orientalischen Ragas sind zwar keine Best Of-Zusammenstellung, lassen aber erkennen, welch abenteuerliche Crossover-Versuche Bull damals vorantrieb. Schon sein Debüt von 1963 spielte er mit Jazz-Musikern ein, was nicht nur seine musikalische Offenheit, sondern auch das Fehlen jeglicher ideologischer Scheuklappen verdeutlicht; kollaborierte er doch als einer der ersten Weißen mit schwarzen Musikern. Dass er nach ernsthaften Drogenproblemen auch noch weit in den 1970er Jahren faszinierend vielseitige und auch technisch hoch anspruchsvolle Musik erschuf, beweist »Live 1976« zudem auf eindrucksvolle Weise.