Review

Grischa Lichtenberger

And IV (Inertia)

Raster-Noton • 2012

Meine Damen und Herren, Kopfhörer aufgesetzt. Hier kommen die Beats, von denen die Produzenten in nächster Zeit des Nachts schwitzend und schreiend erwachen werden. Extrem verdichtet im Klang und komprimiert bis zum Anschlag knarksen und rumpeln auf Grischa Lichtenbergers »And IV (Inertia)« die Rhythmussäue über das zerkratzte Parkett. Vom Rap-Beat zum Electro zu Wonky und im Abschluss noch etwas Ambient lässt der Bielefelder nur das wippende Skelett der Komposition übrig. Melodien werden gemieden. Es bleibt der ungeheure Bass, die Claps, ein Rasseln. Dass dieser Minimalismus über ganze 21 Titel funktioniert, ist fast ein Wunder. Das mag unter anderem an der Länge der Stücke liegen, die Lichtenberger nicht unnötig streckt. Oder daran, dass die Beats komplex genug sind, um in ihrer Kurzweiligkeit eine Menge dunkler Ecken zu entfalten. Vor allem aber bestückt Lichtenberger seine Beats mit ausreichend Funk. Das erinnert dann manches Mal an das geniale, programmatische »Rhythm«-Album seines Label-Kollegen Frank Brettschneider. Womöglich ist »And IV (Inertia)« aber auch schlicht das Grundgerüst eines verlorenen Autechre-Albums, bevor die Mancunians die Büchse der Pandora über diesem geöffnet haben. Sitzen die Kopfhörer noch gerade?

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