Review

Kid606

Lost In the Game

Tigerbeat6 • 2012

So haben sich wohl die wenigsten die Rückkehr von Kid606 vorgestellt: Nahezu sanftmütig kommt »Lost In The Game« daher. Ist das »Kid« nun erwachsen geworden, kann man das Album als Neuorientierung betrachten oder soll man es gar als Alterswerk betiteln? Fest steht, dass Miguel de Pedro nach hitzigem Breakcore und irrwitzigen Dancehall-Mashups mit einer ganz neuen Komponente überrascht: Melodie! Der gebürtige Venezolaner, der einige Zeit in Berlin, seit kurzem wieder in San Francisco lebt, hat scheinbar tatsächlich seine Liebe für eingängige Harmonien und »konventionelle« Klangteppiche entdeckt. Irrlichterndes Synthieflirren und verträumte Ambient-Flächen prägen nun den Sound. Die Beats stehen fast etwas im Hintergrund und dürfen nur ab und an einmal glitchen; sie sind meist Hip Hop-inspiriert und im gezügelten Midtempo-Bereich angesiedelt. Die nahezu einzige Konstante bleibt der Wortspielcharakter vieler Tracktitel (»Godspeed You African American Emperor«, »Big Black Ketamine Jesus«, »Step Into The Light, You Fucking Idiot!«). Statt mit dem sonischen Stroboskop-Gewitter von früher ist »Lost In The Game« eher mit einem Musik gewordenen Lavalampen-Leuchten vergleichbar – allerdings befindet sich diese Lampe anscheinend, von Androiden umgeben, auf einer futuristischen Weltraumstation anstatt in einer Hippie-Kommune.

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