Review

Nas

Untitled

Def Jam • 2008

Für Nasir Jones musste es schon immer die große Leinwand sein. Bereits mit seinem Debüt brachte er die urbane Ghettoidentität treffender auf den Punkt als sämtliche verstockte Gesellschaftswissenschaftler vor und nach ihm, bevor er sich auf den Nachfolgewerken zunehmend in den Kopf setzte, in Puffys Fußstapfen treten zu wollen. Nach erfolgreicher Karrierereanimation durch einen erbarmungslosen Jigga-Knockout und zwei eher konventionellen Alben, verhob sich Nasir 2006 wieder einmal kolossal am eigenen Anspruch. »Hip Hop Is Dead« war eine diffuse, überambitionierte aber stets oberflächliche Abrechnung mit dem Stand der Kunst, über deren Titel mehr diskutiert wurde als über lyrische Substanz und Nas’ legendär erbärmliches Gespür für den richtigen Beat. Auch für »Untitled« stehen die Vorzeichen nicht gut. Wie ernst kann man Nas’ Angry-Black-Man-Pose noch nehmen, wenn sich der Prediger vom Plattenlabel kompromittieren lässt, die N-Bombe aus dem Titel streicht und sich auf »Black President« zu einer peinlichen Barack-Obama-Verklärung hinreißen lässt? Glücklicherweise finden sich auf »Untitled« dennoch genügend reflektierte Auseinandersetzungen mit der afroamerikanischen Realität des Jahres 2008. Aber was nutzt es, wenn der Musik die Sprengkraft früher Bomb-Squad-Attentate fehlt und am Ende, Mark Ronsons Beat sei Dank, eine leidlich clevere metaphorische Auseinandersetzung mit frittiertem Geflügel mehr im Gedächtnis bleibt als bissige Sozialkritik über schwachbrüstige Drums? Einzig »N.I.G.G.E.R. (The Slave & The Master)«, der von Jay Electronica mit »Goodbye Lenin«-Sample versehene Gänsehautopener »Queens Get The Money«, das rasende »Sly Fox« und das bereits erwähnte »Fried Chicken« könnten verhindern, dass Nasirs manchmal naive, oft aber erfrischend unverblümte Pamphlets bereits nächste Woche wieder vergessen sein werden.