Review

Tim Hecker

Virgins

Kranky • 2013

Es ist bisher ein gutes Jahr für experimentelle Musik, die den ehemaligen Grenzstreifen zwischen E- und U-Kultur erfolgreich beackert. Erst erschienen neue Alben von Oneohtrix Point Never und Laurel Halo jetzt folgt mit »Virgins« ein weiteres abstraktes Werk, das sich besonders dem Klangraum sowie dem Raumklang widmet. Zwischen Klanginstallation, Musique concrète und Filmscores bewegt sich Tim Hecker auf seinem mittlerweile siebten Album. Versteckte der Kanadier aber bisher seine Klaviermelodien unter einigen Schichten statischen Rauschens, Rückkopplungen, endlosen Echoschleifen oder nicht identifizierbaren Krach, so traut Hecker sich auf »Virgins« mehr zu und zeigt sich verletzlicher. Dabei ließ er seine Kompositionen hauptsächlich von Klassikensembles einspielen, so dass das Kunststück gelingt, abstrakte elektronische Musik warm und analog klingen zu lassen. Natürlich gibt es da auch weiterhin Brüche in der Intensität, zurückhaltende Momente der Schönheit und Irritationen im Bombast. Traumähnliche Zustände wechseln sich mit lebhaften Parforceritten ab, Intuition und kompositorische Strenge müssen sich nicht ausschließen. Intensiv, aufregend und faszinierend ist »Virgins« bei jedem Hördurchgang aufs Neue und auch deshalb eines von Heckers besten Werken.