Review

Harold Budd – Wind In Lonely Fences 1970

2011

All Saints Records • 2013

Harold Budd ist einer der lang gedienten Musiker der Avantgarde-Szene der 1960er Jahre, die eine Minimalisierung der Musik vorantrieb. Die Reduzierung des Klanges zur Essenz ließ ihn am Piano die »soft pedal« genannte Technik entwickeln – ein langgezogenes und langsames Spielen, das die Klänge aushallen lässt. Nach acht Jahren des Komponierens stoppte der Kalifornier 1970 plötzlich und begann eine Lehrtätigkeit am California Institute Of The Arts. Rückblickend erklärte er dies einmal als logische Konsequenz. »1970 wurde mir […] klar, dass ich mich aus meiner Karriere hinaus minimiert hatte. Es hat mich zehn Jahre gekostet, meine Sprache auf Null zu reduzieren […] Zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich von der Avantgarde-Musik im allgemeinen getrennt; es erschien mir so selbstbeweihräuchernd und risikofrei. Und meine Lösung zur Frage, was ich als nächstes tun sollte, war, einfach nichts zu tun – komplett aufzuhören.« Es wäre ihm vergönnt gewesen, konsequent zu bleiben. Aber 1972 kam er zurück. Trotz sich daran anschließender Zusammenarbeiten mit u.a. Brian Eno, den Cocteau Twins, Roedelius, John Foxx (Ultravox) und Eraldo Bernocchi sowie 39 Alben erscheint sein Werk nach dieser Pause – zumindest aus Sicht der 2CD-Anthologie »Wind In Lonely Fences 1970 – 2011« – als eines der gepflegten Langeweile. Angefangen beim 1970er Stück »The Oak Of The Golden Dreams«, das über 18 Minuten einen Dudelsack auf einem nöligen Synthesizer imitiert, über verschiedene Stilvariationen zwischen Softerotik- und Bar Jazz, verträumtem Pop und Ambient bis zur Hauchmusik im Jahre 2011 – Budd ist stilistisch zwar weit gewandert, seine Kompositionen bleiben jedoch stets vorhersehbar und die Harmonien beliebig bis hin zum äußersten Kitsch. Die Landschaften, die Budd im Kling-Klang-Spiel passiert, verhallen leblos. Man sehnt sich danach, dass etwas passiert. Es soll ja nicht gleich knallen. Aber ein wenig kompositorischer Einfallsreichtum hätte nicht geschadet. Fast klingt es schon nach Faulheit. Am spannendsten sind noch die reinen Piano-Stücke. Es mag sein, dass All Saints Records schlicht eine ungünstige Auswahl getroffen haben (was übrigens auch auf das Cover zutrifft), denn Budds letztes Album »Jane 1-11« (Darla Records), welches im Mai diesen Jahres erschienen ist, scheint (zeitweise) mehr Tiefe zu haben, als das Material der 41 Jahre zuvor.

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