Review

Hauschka

Abandoned City

City Slang • 2014

Thames Town ist kein Spitzname Londons, sondern eine von vielen Geisterstädten weltweit, die der Düsseldorfer Pianist Volker Bertelmann aka Hauschka zum losen Oberthema seines neuen Albums »Abandoned City« gemacht hat. Thames Town ist eine Kleinstadt, 30 km südwestlich von Shanghai, die nach britischem Bild künstlich errichtet wurde, mit Fachwerkhäusern und Kopfsteinpflastern. Dieses urbane Kleinod gleich neben dem riesigen Moloch steht seither leer, da Chinesen der Meinung sind, der Wert ginge durch die Bewohnung verloren – so schauen sie es lieber bloß an und lassen sich bei ihren Hochzeiten vor den schönen Behausungen fotografieren. Geisterstädte haben aber auch weitaus ernstere Hintergründe, wie die Beispiele Tschernobyl in der Ukraine oder jüngst Fukushima in Japan zeigen. Der damit verbundenen Dramatik von Katastrophe, Evakuierung oder Leerstand, dieser Geisterhaftigkeit möchte Hauschka mit seinem präparierten Klavier auf »Abandoned City« auf die Spur kommen. Er will zwar nach eigener Aussage kein Konzeptalbum, keinen Score für die Atmosphäre der Ödnis geschrieben haben, doch es fühlt sich trotzdem so an – erst recht, wenn acht von neun Titeln auf »Abandoned City« die Namen von eben solchen Städten tragen. Gewohnt rhythmisch und diesmal mit einem noch stärkeren Hang zu Klassik als auch zur Filmmusik ist Hauschka das eindrucksvoll gelungen: Mit Elementen von Postrock als auch Psychedelic, viel Hall und entschiedenerer Melodieführung stellt dieses Album nach seiner letzten etwas technoideren Solo-LP »Salon Des Amateurs« eine Rückkehr zu den atmosphärischen Ursprüngen Hauschkas dar.