Review

Hiob & Morlockk Dilemma

Kapitalismus Jetzt

MA Flight • 2014

Wo ist sie, die politische Ansage im deutschsprachigen Hip Hop? Reicht es schon ein Album »Kapitalismus Jetzt« zu nennen? Eigentlich ist das nämlich eher ein Zeichen der ärmlichen Vielfalt des Rap in hiesigen Gefilden. Klar, die beiden Rapper Hiob und Morlockk Dilemma haben diesen Aspekt auch mit drin, allerdings wäre es einäugig, diese Platte nur darauf zu reduzieren. »Gevatter« droht mit dem Tod, begräbt aber keine wirtschaftlichen Systeme, »Lächel noch einmal für mich« ist ein Abbruch, aber ein persönlicher. Sowohl Hiob als auch Morlockk Dilemma verzichten auf Experimente in ihrem Flow und ihrer Sprache – das liebt, wer es schon vorher liebte. Düstere Szenarien, direkte Worte, kein Erbarmen, Samples aus alten Filmen und schickste Beats, die mit der Goldenen Ära liebäugeln. Und niemand malt die Dunkelheit mit schillernderem Glanz als diese beiden Herren. »Fenster zum Hof« ist so wohltuend unbehaglich, wie es nur geht, während der Nachbar schon einmal Dein Grab schaufelt. Das Morbide zieht sich lebhaft durch fast jede Zeile. Und während die eine Hand tiefer und tiefer gräbt, führt die andere den Schaumwein an den Mund. Das ist der Luxus, das ist der Schmerz, die Janusköpfigkeit, das Ende, von dem hier zwei Herren rappen. Das ist eine Ansage sowie ein Weltbild, »Kapitalismus Jetzt« lässt sich nicht zu weniger reduzieren. Nicht viele Leute ziehen ihren und den Größenwahn der Welt so konsequent durch – und schon lange nicht so gut und überzeugend wie hier.