Review

Diamond Version

CI

Mute • 2014

Wenn in »Make.Believe«, dem letzten Stück von Diamond Versions Album »CI«, ein synthetisches Uhrenticken gegen den rhythmischen Strom fährt, haben wir eine Zeitreise hinter uns, die zwar nicht so weit zurückführt wie »Almost Medieval« vom ersten Human League-Album, von dem wir es kennen, aber doch eine, mit der sie ihre Themen im Sound einer längst überwunden geglaubten Zeit erden. Der zuckende Puls und die elektrischen Spitzen von Kraftwerk, dazu die muskulöse Synthmotorik von Nitzer Ebb in ihrer popaffinen Phase, und nicht zuletzt die Düsternis, mit der EBM und Underground Resistance die 1980er Jahre ins Grab schickten: Die beiden Raster-Noton-Macher Carsten Nicolai (Alva Noto) und Olaf Bender (Byetone) liefern für Mute ein standesgemäßes Electropop-Album ab, dunkel wie der Soundtrack zu einem Batman-Comic. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Am subversiven Potential, das dem blankpolierten Pop innewohnte, den Human Leagues Ian Marsh und Martyn Ware später mit Heaven 17 oder auch und insbesondere die Pet Shop Boys umsetzten, gleitet »CI« vorbei. Dazu agieren die beiden zu subtil, entwickeln ihren kugelrund geschliffenen Sound zu direkt aus ihren bekannten und geschätzten Stärken als Produzenten. Und wir, das Publikum von Diamond Version, sind uns ohnehin längst im Klaren darüber, dass wir alle nicht das leben, was wir wissen. So bleibt es der variantenreichen Doppelbödigkeit herausragender Vocals, dem Mitdenken vergiftete Häppchen zu servieren: Bedrohlicher Trost von Leslie Winer, eine Kyoka aus rostiger Gänsehaut, Chorknaben-Gospel (?) von Neil Tennant (!) und schließlich die zynischen Heilsversprechen der Werbeslogans aus »Science For A Better Life«, eines der drei Stücke ihrer (technoideren) EP-Reihe, die sich unter die sieben neuen mischen. Anstelle der vielleicht erwarteten Zuspitzung, einer Angriffsfläche, wie sie etwa Atom™ mit »HD« auf ihrem eigenen Label anbot, setzen sie auf Diffusion. Auch eine Möglichkeit, für lebendiges Profil zu sorgen.