Review

Dieter Reith

Die Kette. »Der Straßenfeger der 70er.«

Show Up • 2014

Dieter Reith’s Soundtrack für die 2-teilige Krimiserie »Die Kette« aus dem Jahre 1977, ist für Kenner unverkennbar eine der deutschen Rare Groove-Scheiben der Spätsiebziger. Die Vielfalt an ausdrucksschwangeren Library Tunes, knarzenden Oberheim Disco Motiven und dystopischer Sample Abundanz ist so ausgeglichen, dass sich Nachfrage und Angebot dieser LP schon lange nicht mehr die Waage halten. Das Original, welches unter dem Namen »Love And Fantasy« bei Interchord das Licht der Welt erblickte, ist Sammlern laut popsike.com ebenso lieb wie teuer. So rasch ergriffen waren sie dann auch von der Wiederveröffentlichung bei Personal Records aus dem Jahre 2000, wie die auf drei Cuts reduzierte EP schnell vergriffen war. Und nun endlich gibt es dieses Werk erstmals in seiner vollen Länge, mitsamt des Titeltracks, der damals lediglich als 7-inch auf den Markt kam. Stilistisch ist es auf einer Linie mit Hancock’s Sunlight oder George Duke’s The Dream. Und ist von ähnlich kitschigen wie theatralischen Ästheticks geprägt. Eine gewisse Verspieltheit mit Hang zu ausufernden Soli und manches mal überladenen Arrangements. So holprig und unentschlossen wie der Aufbau von Beams beispielsweise sein mag, so gekonnt und teils schwindelerregend rasant wird er abgeklappert. Im krassen Gegensatz dazu stehen Tracks wie Uschi und Transmitter, bei denen man sich gut vorstellen kann mit welch romantischer Gemütlichkeit er seine Damen dazumal in seinem Porsche herumkutschiert haben muss. Und abgerundet wird das Klangbild vom Discosound seiner Band Tender Aggression – mit untertourig eingestelltem Tempomat, rosaroter Fahrerbrille und heruntergelassenem Verdeck für viel Wind sorgend. Bei dem Autonarr, der Reith in jungen Jahren war, überrascht es nicht sonderlich, dass sich diese Musik vor einem Bildschirm ebenso gut macht, wie hinter einem Steuer.​