Review

Ah! Kosmos

Bastards

Denovali • 2015

Wir schenken der Türkei keine Aufmerksamkeit, oder zumindest nicht die richtige. Dass das Zwei-Kontinente-Land nicht nur in historischer Hinsicht, sondern auch aktuell brandinteressant ist, fällt neben den politischen medial eingefärbten Hiobsbotschaften viel zu schnell durchs Raster. Nachdem das Kölner Label c.sides Ende letzten Jahres mit biblos »Absence« eine Platte herausbrachte, die eine innovative türkische Künstlerin zeigte, legt Denovali nun nach und stellt Ah! Kosmos vor. Neben der Vinyl-Neuauflage von »Flesh«, der Debüt-EP der Istanbulerin, gibt es mit »Bastards« auch gleich das erste Full-Length von Basak Günak. Das zeigt sich dunkelbunt und dennoch vielseitig. Die Teilnehmerin der letztjährigen Red Bull Music Academy verblendet über acht Tracks, wie das für Acts ihrer neuen Labelheimat geradezu Standard ist, unbekümmert Stile und findet dabei ihren eigenen. Zwischen Trip Hop-Elementen und dezenten Techno-Beats spannt Günak dichte Soundflächen auf, die mal von seichten Gitarrenmelodien, mal von Vocals oder rumorigen Bässen abgerundet werden. Günak setzt sich nicht zwischen die Stühle, sie stellt die Füße auf alle Sitzflächen in Reichweite – und steht damit immer ein bisschen über dem, was ihren Sound beeinflusst. Sie verfällt weder der kopfigen Konzepterei der zahlreichen Warp-EpigonInnen noch verflufft sie sich in Belanglosigkeiten, wie das Fans norddeutscher Deep House-Träumchen gerne geschieht. »Bastards« ist ein starkes Debütalbum, das in seiner Disparität zwar ungemein international klingt und trotzdem als Erinnerung dienen dürfte, dass außerhalb der Festung Mittel- und Westeuropa spannende Musik gemacht wird.