Review

Various Artists

Autopilot

Autopilot • 2015

Mit der Compilation »Autopilot« feiert Guido Möbius das Erreichen der Volljährigkeit seines gleichnamigen Musikverlags. Zehn Jahre ist es her, dass dieser mit »Blackbox« einen Überblick in dieser Form präsentiert hat. Damals noch auf dem eigenen Label Emphase, das im Wesentlichen aus einer Split-7″-Reihe von Soloinstrumentals bestand, und das sich mit Hype um jene Szene, die drumherum kulminierte, vornehm zurückhielt. Die Tage selbstbewusster Berliner Idylle, die deren post-elektronischen, komplexen Urban-Folk-Eigenwillen beförderte und prägte, sind vorüber. Das tritt am deutlichsten zutage im einzigen Stück, das es dank seines Alters schon auf den Vorgänger hätte schaffen können (fast alle Stücke sind recht jungen Datums oder noch unveröffentlicht): Der grummige Post-Kraut, das einzelgängerische Gitarrenriff, die abgeklärten Vocals vom Faust-Mitglied Lars Paukstat künden schon von einer kälteren Zukunft. Ein rumpelnd-knurriger Grundton durchzieht das Album, vom Einstieg mit Air Cushion Finishs Blues-Gespenst über das Schattenspiel von “Springintguts Future-Cello bis zum Putzlicht-Abgesang von Vert. Auch das Sax der Mini Pops Junior irrlichtert durch Endzeit, die Gitarre des Marble Man durch die Strobohölle; Black To Comm hat sich auf Bali immerhin nur den Magen verdorben. Und dazwischen, wie mit der Nadel ins Schwarz gestochen, die Lichter ferner Sterne: Transformer Di Roboters »Bob Ross Edit«, ein umwerfender 8Bit-Progressive-Hit, der Michel Legrand noch einmal ins Jahr 2000 beamt, F.S. Blumm und Nils Frahm deren soundtrackiger Plinkerpop längst aus Japan herüberzuwehen scheint, oder Sicker Man, in dessen Pop aus Cello-Loops und Metall sich endlich die Parallelen von Minimal Music und Neoromantik, von Foyer des Arts und Art Of Noise kreuzen. Nun ist ein Musikverlag kein Label, mag er auch noch so klein und familiär sein. Guido Möbius verzichtete auf Werkschau und sponn einfach nur einen dramaturgisch aufgehenden Faden durch vertraute und neue Namen. Aber die zentrifugalen Kräfte sind zu spüren: Das magische Gefühl, man habe es mit dem Abbild einer im Verborgenen zusammenhaltenden Bewegung zu tun, ist Geschichte. Diese Wahrhaftigkeit nimmt der Güte des Materials natürlich nichts weg. Die weckt allemal von neuem Neugier.

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V.A.
Autopilot
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