Review

Sun Kil Moon

Universal Themes

Caldo Verde • 2015

»I don’t have Twitter or Facebook (I make albums) so if you’re interested in having a laugh with me onstage, contact my publicist«, schrieb Mark Kozelek im Web 1.0, als ein kleiner Scheißesturm über ihn hereinfegte, nachdem er erst sein Publikum (»fucking hillybilly«) und dann die everybody’s darlings von War On Drugs (»beer commercial lead guitar shit«) beleidigte Sein PR-Manager kann sich entspannt zurücklehnen: Die Aufmerksamkeit hatte Kozelek sicher und weil er tatsächlich Alben macht hat er nur etwas mehr als ein Jahr nach seinem Meisterwerk »Benji« ein neues am Start. Es heißt, und da trägt der Dauermelancholiker mit der cholerischen Schlagseite und dem polarisierenden Humor mal wieder dick auf, »Universal Themes« und handelt von absoluten Partikularereignissen. Davon, wie Kozelek auf einer Godflesh-Show rumhängt und danach mit klingelnden Ohren Fernsehen guckt. Davon, wie Kozelek bei einem Filmdreh eine Frau kennenlernt und ihr Blumen schenkt. Davon, wie er auf der Toilette flennt. Das ist Kozeleks Ding, seit ein paar Alben schon: Ins Private gehen, abschweifen, wieder zum Anfang zurückkommen und augenscheinlich wenig gesagt haben. Aber Kozeleks Lyrics waren seit jeher Kippspiele. Spätestens seit »Benji« sind sie umso komplizierter geworden, denn spätestens mit »Benji« hat uns Kozelek darauf gestoßen, dass wir ihm nicht unbedingt trauen können. »Universal Themes« nun verstärkt nur den Eindruck, dass Sun Kil Moon zunehmend der Senilitätskanal eines weißen, mittelalten Arschlochs mit zu viel Zeit und Meinungen ist, aber auch dem wäre nicht zu trauen. Kozelek ist das musikalische Äquivalent zu Louis C.K.s FX-Serie »Louie« So supereklig und ironisch und abgefuckt die Charaktere auch sein mögen, sie sind darin total aufrichtig. Und, wichtiger noch, es steckt immer viel Hoffnung und Menschenliebe dahinter. Wenn es bei Kozelek oder C. K. so etwas wie Authentizität zu entdecken gibt, dann findet sie sich erst in zweiter Instanz. So ist bei Sun Kil Moon die Musik in erster Instanz auch nicht immer so interessant, wie das, was darüber transportiert wird: Ob Kozelek sich allein mit Akustik-Gitarre fünf Minuten lang über ein paar Akkorden aufhält, bis ein abrupter Break kommt oder aber verrauschte Full-Band-Aufnahmen in bester Smartphone-Mikro-Qualität abliefert – wichtiger als das ist immer der Endzweck. Auf »Universal Themes« sieht der so aus: Partikularereignisse werden über irrlichternde Erzählungen zu universalen Themen verdichtet. So komplex und willkürlich wie das Leben selbst. So werden schließlich auch aus einzelnen Songs runde Alben konstruiert. Kozelek macht solche. Sie sind anders als die meisten, die es sonst zu hören gibt.

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