Review

Matrixxman

Homesick

Ghostly International • 2015

Die Bay Area ist nicht gerade als Hotspot für House und Techno bekannt, tatsächlich bewegt sich dort aber zunehmend etwas. Eine der Figuren, die seit geraumer Zeit von sich Reden macht, ist Charles Duff alias Matrixxman, der seit 2013 eine EP nach der anderen abliefert. Duff ist eine Art dystopischer Anachronist: Einerseits bezieht er sich auf die alten Schulen, die in Chicago, Detroit und Berlin ihren Ursprung haben, andererseits denkt er die Dinge weiter – und das nicht unbedingt mit viel Hoffnung auf das Kommende. Auch sein Debütalbum »Homesick« kommt mit langwierigen, wortgewaltigen Erklärungen daher, die sich auf Neurowissenschaft, künstliche Intelligenz und verwandte Themen stützen. Innerhalb der nächsten drei Jahrzehnte, so Duff, lässt sich ein gesamtes menschliches Hirn technologisch nachbauen. Das ist sicherlich ein interessanter Gedanke, der sich wohl in die ideologische Tradition von Techno einfügt. Was er allerdings mit der auf »Homesick« zu hörenden Musik zu tun hat, bleibt zunächst schleierhaft. Denn die zwölf exzellent produzierten Tracks zwischen Acid-Keulen und Düster-Techno greifen zwar eine futuristische Formsprache auf, wie sie von Jeff Mills und anderen zur Beschreibung möglicher oder unmöglicher Zukünfte verwendet wurden, werden aber nicht explizit. Soll heißen: Sie knallen, jacken, grooven, bollern, rumoren, schweben durch mal tiefe, mal knapp bemessene Räume und treffen dabei eigentlich keine Aussagen. Deswegen das Gerede, deshalb markige Tracktitel wie »Necronomicon«, »Network Failure« oder »False Pattern Recognition«: Duffs Musik braucht eindeutige Kontextualisierungen, um als konzeptuelles Ganzes konzise zu wirken. Damit formuliert er wie beiläufig die Aporie aus, mit der sich Techno mittlerweile konfrontiert sieht. Denn die Zukunft ist bereits über uns gekommen, auch mit ihren schlechten Seiten, und befindet sich nun im rasenden Stillstand. »Homesick« trägt seine Sehnsucht schon im Titel. Es ist die nach einer Zukunft, wie sie in der Vergangenheit noch erträumbar war. Das macht dieses musikalisch schon überragende Album umso stärker, weil hoffnungsloser.