Review

Bradien + Eduard Escoffet

Escala

spa.RK • 2015

»Escala« ist bereits die zweite Zusammenarbeit der katalanischen Formation Bradien mit dem Dichter Eduard Escoffet, und schon fällt es schwer, sie wieder auseinanderzudenken. Zugleich hat sich ihr Line-Up verschlankt, von einem Semi-Kollektiv zu einem Trio. Nach dem Ausstieg von Daniela Cugliandolo teilen sich Balbini, Pope und Matias Rossi das immer noch farbreiche Instrumentarium. Einziger Gastmusiker ist diesmal Stefan Schneider der auch die Produktion übernommen hat, an weiterer Percussion (incl. Vibes) und Elektronik. Vielleicht liegt es auch an ihm, dass »Escala« melodisch und narrativ schlanker, eher geometrisch und elektronisch texturiert ausgefallen ist als noch der Vorgänger »Pols«. Parallel dazu sind auch die Texte konzeptueller, minimalistischer geworden, gipfelnd in der Vertonung eines topologischen Gedichts von Eugen Gomringer, in deutscher Sprache. Von der Beinhärte eines Anne-James Chaton, ob solo oder in dessen Arbeit mit Alva Noto oder Andy Moor ist Eduard Escoffet allerdings weit entfernt, auch wenn sein Timbre an jenen erinnern mag. Den Gäste-Part übernehmen hier in der Tat zwei weitere Dichterstimmen, die ihrerseits (wie auch schon John Giorno auf dem Bradien-Debut) mit markantem Klang aufwarten: Arnaldo Antunes mit knurrigem brasilianischem Filz und gleich zweimal die unvergleichliche Lydia Lunch, die einem gelebte Wahrhaftigkeit so ins Gesicht hält, dass man fast erschrickt. Mit der Kombination von Band-Musik und Poesie liegen Bradien und Eduard Escoffet in ihrer Heimat in einem Trend. Im Gegensatz zu landläufigen Lyrics gehen die Gedichte nicht im Duktus der Musik auf, überlassen nicht nur die Melodie den Instrumenten (wie immer hier herausragend: die naive Klarheit der Figuren von Gitarre und Bläsern), sondern überlaufen auch mal deren fließende Rhythmik. Den musikalischen Sensibilitäten von Bradien kommt das durchaus entgegen, die aus Einflüssen von Exotica und Soundtrack, von Penguin Café Orchestra bis People Like Us den Worten einen zwar abgetönteren, aber immer noch unerschütterlich liebenswürdigen Background weben. Wie in einem Gemälde von Henri Rousseau, und darin liegt die besondere Magie, entfalten sich vor dieser schattigen Leichtigkeit philosophisch-persönliche Dramen der Existenz. Das hat hierzulande mit dem Orgelvibrato von »Forget To Breathe« auch schon bei Hanns Dieter Hüsch funktioniert.

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