Review

Moon Zero

Moon Zero

Denovali • 2015

Tim Garrett scheint unter einer ganz besonderen Art der Nostalgie zu leiden, die ihn seine Sehnsuchtsorte mit Krach auffüllen lässt. Der sakrale Ernst, den bereits seine ersten beiden EPs als Moon Zero – »Tombs« und »Loss« – düster einfärbten, zieht sich auch durch das Debütalbum des Londoners. Dieses nahm Garrett in einer Kirche auf, die fünfstündige Aufnahmesession basierte wiederum auf Tape-Loops, die im Umfeld industrieller Ruinen entstanden: Sein Studio befindet sich unweit der Themse inmitten ehemaliger Hafengebäude. Die Backsteintristesse des Studios mit ihren Implikationen kapitalistischen Verfalls trifft auf weißgetünchtes Christentum mit Haltbarkeitsanspruch – das ist ein vielversprechendes Spannungsverhältnis, das sich direkt in der Musik Garretts widerspiegelt. »Moon Zero« schichtet Sounds zu einer Intensität heran, die das Klangbild kurz vor den Kollaps zu bringen scheint, die klingen als wäre der unterkühlte Noise nicht mehr als der brüchige Rost über einem maroden Metallskelett. Zugleich aber ist den sechs sich repetitiv ausbreitenden Stücken ein Pathos zu eigen, das sich weder vor mächtigen Orgelklängen noch hoffnungsvollen Rhythmen scheut. »Moon Zero« eröffnet an der Schnittstelle zweier auf den ersten Blick grundunterschiedlicher Pole seine eigenen Räume und füllt diese mit ambivalenten Lärm. Fragt sich nur, welche Rolle Garrett dabei einnimmt. Will er den Verfall zelebrieren, wie es eines seiner Vorbilder, William Basinski, perfektioniert hat? Oder aber ihm etwas entgegensetzen, christliche Werte wie Glaube, Liebe und Hoffnung predigen? Sicher ist zumindest, dass diese schöne Unentscheidbarkeit »Moon Zero« umso dringlicher erscheinen lässt. Garrett kanalisiert letztlich nur die geisterhaften Energien seiner Sehnsuchtsorte.

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