Review

Jochen Distelmeyer

Songs From The Button Vol.1

Four Music • 2016

Der Jochen Distelmeyer der Ende der 1980er deutsche Popmusik vom provinziellen Bad Salzuflen nach Hamburg trug, wo diese sich, versehen mit dem Etikett »Hamburger Schule«, neu erfand, der es wie kaum jemand schaffte, gesellschaftlich und politisch relevante Themen lyrisch hochwertig und doch einfach verständlich zu verarbeiten, der, der die deutsche Sprache immer hochhielt, hat nun also ein Coveralbum in Englischsprachiger Songs veröffentlicht – ein in vielerlei Hinsicht überraschender Zug. Auch, weil sein letztes und bisher einziges Solo-Album »Heavy« bereits sieben Jahre alt ist. Statt selbst zu komponieren, interpretiert Distelmeyer auf »Songs From The Bottom Vol. 1« neue Pop-Hits und alte Perlen von Joni Mitchell und Britney Spears, von Kris Kristofferson, über The Verve und Radiohead bis hin zu Lana Del Rey. So gar der schwedische Stadion-House-Superstar Avicii hat es irgendwie in Distelmeyers Auswahl geschafft. Statt spröde Coverversionen die sich möglichst nah am Original halten zu einem Album zu schnürren, reduziert Distelmeyer diese 12 versammelten Popnummern bis nur noch ein akustisches Skelett übrig bleibt. Seine Version von Britney Spears »Toxic« ist bis auf den Refrain kaum zu erkennen, Lana Del Reys »Video Games« dafür sofort. Jochen Distelmeyers unverwechselbare Stimme fügt den Fremdkompositionen ganz unaufdringlich das prägnante, andersartige Element hinzu. Ob den Outlaw Kristofferson oder die zerbrechliche Lana Del Rey, man nimmt Distelmeyer alles und jeden ab. Die Songs stehen ihm und seine Stimme den Stücken. Ob Jemand diese Zusammenstellung Distelmeyers vermeintlicher Suche nach perfekten Popsongs braucht, steht auf einem anderen Blatt. Mit »Songs From The Bottom Vol. 1« führt Distelmeyer nur fort, was er schon immer tat: Wider den Erwartungen handeln. Das steht ihm noch immer gut und klingt auch so. Komponist und Sprache sind da nebensächlich.