Review

Essaie Pas

Demain Est Une Autre Neut

DFA • 2016

»Morgen ist auch noch ein Tag« ist ja so ein Sprichwort, das den sogenannten »deutschen Tugenden« von Fleiß, Produktivität und Pünktlichkeit eigentlich zuwiderläuft. Gewissermaßen das Gegenstück zu »Was du heute kannst besorgen, …«. Das französisch-kanadische Duo Essaie Pas erweitern diesen Eingangsgedanken im Titel ihres Debüts für DFA Records um die wichtige Tatsache, dass morgen eben auch noch eine andere Nacht auf uns wartet. Wer dahinter nun den Soundtrack zu euphorischen, MDMA-geschwängerten, durchtanzten Nächten erwartet, wird über weite Strecken jedoch eines Besseren belehrt. Vielmehr handelt es sich bei den acht Tracks um das moderne Pendant zu Kraftwerk aus Quebec. Analoge Synths und Drum Machines mit unterkühlten Vocoder-Stimmen gibt es zwar jede Menge; damit erschöpft sich das Klangbild aber nicht. Da sind auch atmosphärische Ambient-Texturen und die Stimme von Marie Davidson, Cold Cave-angehauchte Dark Disco, Industrial-Anklänge und Soundtrack-Einflüsse. Zum Ende hin gibt es dann noch zwei durchgestampfte Tech-House-Tracks und mit »La Chute« eine Hommage an Albert Camus. Auch wenn deutsche Vorbilder von DAF bis Giorgio Moroder hervorstechen, gibt es auf »Demain Est Une Autre Nuit« somit doch genügend andere Bezugspunkte. Nur die penetrante Zurschaustellung des künstlerischen Anspruchs wirkt insgesamt etwas gewollt und verkrampft. Gibt es dafür nicht auch eine passende Redewendung? »Macht euch ma’ locker« trifft es vielleicht ganz gut.