Review

J Choirboy

Altar Ego

La Mission • 2016

Glow sticks raus, Klassenarbeit! Schreiben Sie ein Essay zum Thema: »Where Were U In ’92?«. Wenngleich der in den achtziger Jahren in England geborene J Choirboy den Second Summer Of Love und seine drei- bis vierjähriges Residualhigh vielleicht auch nur vorm heimischen Fernseher erlebt hat, ist seine Emulation von pumpendem UK Rave von einer historischen Akkuratesse, die ihresgleichen sucht. Schon »Fantazia« legt mit luftigen Breaks, »Drop!«-Vocal und herrlich käsigen Orgel-Sounds los, gegen die Scubas wehmütige Hardcore-Hymne »NE1BUTU« aus dem Jahr 2012 wie Geschichtsverdrehung klingt. Ein überquellender und doch punktgenau servierter Track, fuelled by Mitsubishi, der den MDMA-Kater bereits mit melancholischen Flächen vorausahnt. Vor allem aber die konsequenteste Verneigung vor einem Musikstil, der diesseits der Jahrtausendwende höchstens als rhythmischer Wiedergänger in die zeitgenössischen Clubmusik Einzug hielt (lies: Amen Breaks, wohin das Hardcore Continuum reicht). Ähnlich geil schamlos geht es auf der Flip mit »Speak Propa« weiter. Langsam entfaltet sich ein beharrlich jackender House-Beat zu einer Synthese aus drüberstehenden Chicago-Grooves und britischem Piano-Pathos. Das einzige, was diesem kargen Workout fehlt und leider der schlicht aufgemachten Platte nicht beiliegt: Die Trillerpfeife. Schon wesentlich deutlicher auf Augenhöhe aktueller House-Musik bewegt sich der J Choirboy-Remix von »Coopted & Exoticized«, einem Stück vom La Mission-Kollegen Beaner Ein Vergleich mit dem anscheinend bisher unveröffentlichten Original bietet sich hier weniger als an viel mehr eine Analogie zu DJ Sprinkles – abzüglich Thaemlitz’ Trademark-Deepness nämlich transportiert »J. Choirboy’s Cheeky Co-Opt« ähnlich stur-smarte Qualitäten, in denen die Rave-Vergangenheit in Form von Orgel-Stabs rotierenden Rhythmen untergeordnet werden, die jeder After Hour den Angstschweiß auf die Stirn zaubern würden. Kurzum: Grandios, von vorne bis hinten.