Review

Annen May Kantereit

Alles Nix Konkretes

• 2016

AnnenMayKantereit polarisieren. Pop-Acts müssen polarisieren. Aber egal ob mitsingender Fan beim ausverkauften Konzert, der das ehrliche Auftreten der Band schätzt, oder verbissener Kritiker, der Christopher Annen, Henning May, Severin Kantereit und Malte Huck für die Wiedergeburt des Biedermeier hält – man muss über den Werdegang von AMK staunen. Ohne Label von Straßenmusik zu Klicks-Millionären, allein durch Online-Hörensagen zur deutschen Indie-Pop-Sensation. »Alles Nix Konkretes« heißt ihr Major-Label-Debüt, das ohne große Überraschungen auskommt. Kein Wunder, schließlich sind von einigen Titeln bereits Live-Versionen veröffentlicht worden und Universal wäre ja auch schön blöd, wenn sie das Erfolgsrezept ändern wollen würden. Stattdessen holt man Moses Schneider in die Hansa-Studios und hofft auf Platz 1. Experimentell, bahnbrechend oder sonderlich politisch ist das Album nicht. Die Texte klingen stellenweise nach der wehleidigen Poesie von Vorstadt-Erstsemestern über liebgewonnene Menschen, die wegziehen (»Wohin du gehst«), die neue Wohnung (»Neues Zimmer«) und die Liebe (fast alle anderen). Dass die Scheibe dann doch nicht vollständig in Mumford & Sons-gleichem Neo-Folk-Kitsch abrutscht, ist teils der Liebe zum sanften Wumms, hauptsächlich aber Mays Stimme geschuldet, die die Atmosphäre des Albums definiert. Biedere Zweckreim-Songs über die trivialen Probleme junger Mittelstandszöglinge wirken plötzlich authentisch und wichtig. Der Hype sei ihnen gegönnt.