Review

Paul Simon

Stranger To Stranger

Concord • 2016

Ein Wolfsheulen, eine Stummfilm-Orgel, trocken-repetitive Percussion. Wenig Melodie, viel Rhythmus: Paul Simon dem großen amerikanischen Sänger und Songwriter, gehen auch mit 74 Jahren die Ideen nicht aus. »Graceland« ist genau 30 Jahre her, und nun knüpft Paul Simon mit dem vage afrikanischen Feeling von »Werewolf« an seinen Welterfolg von damals an. Fünf Jahre nach dem verblüffend grandiosen »So Beautiful Or So What« eröffnet der Titel das ähnlich gelungene »Stranger to Stranger«, sein dreizehntes Soloalbum. Auf den ersten sechs Songs sind kaum Gitarren zu hören – elektronische Beats verbinden sich mit orientalischen Holzbläsern und peruanischen Trommeln, Synthesizer treffen auf Gospelchöre. Erstmals seit 20 Jahren ist Roy Halee, Produzent von »Graceland«, wieder mit von der Partie, allerdings eher in beratender Funktion. Der Einfluss des italienischen Producers Clap! Clap! ist da schon spürbarer: »Wristband« wäre ein Radio-Kracher, würde im Radio noch gute Musik für den Dancefloor laufen. Im perkussiven Tanz-Fieber geht der jazzig-sphärische Titelsong beinahe unter. Im letzten Album-Drittel besinnt sich Simon dann noch auf seine Folk-Wurzeln. Eine großartige Platte, die so zeitgemäß ist, dass man sie mit »gelungenes Alterswerk« gar nicht erst umschreiben möchte.