Review

Angel Olsen

My Woman

Jagjaguwar • 2016

Ihr letztes Album »Burn Your Fire For No Witness« war 2014 so etwas wie die Konsensplatte im Indie-Sektor. Und wie das so ist, verliebte sich prompt mindestens die Hälfte der Hörerschaft nicht nur in die engelsgleiche Stimme von Angel Olsen Ob sich dieses Verliebtsein zu wahrer Liebe entwickelt, wird das neue Werk »My Woman« zeigen. Statt wie auf dem Vorgänger von Punk und Leonard Cohen hat sich Angel Olsen nun von 80ies-Synth-Pop inspirieren lassen, was sich am deutlichsten im Eröffnungsstück »Intern« niederschlägt. Allerdings ist diese künstlerische Entwicklung hin zu synthetischeren Klangwelten gerade bei Acts mit Folkrock-Hintergrund (von Cat Power bis Arcade Fire) inzwischen weder mutig noch innovativ. Im Gegenteil scheint es so, dass man spätestens mit dem zweiten Album durch die Ästhetik der 1980er Jahre pflügen müsste. Nach »Intern« ist damit allerdings auch fast schon wieder Schluss, denn Angel Olsen verlegt sich auf ihre Stärken: klassisches Songwriting mit melancholischen Mitsing-Refrains (»Never Be Mine«), auch mal laute Grunge-Gitarren wie bei »Give It Up« und sachte Jazz-Anleihen in »Those Were The Days«. Stets geht es um die Liebe, wie man sie sucht, findet und versucht zu behalten, jedoch letztlich meist doch wieder verliert. Dieses Sehnen, das oftmals in Verlust übergeht, bestimmt die zweite Hälfte von »My Woman«. Im Titelstück kommt Olsen gesanglich gar an das schmerzvolle Wehklagen einer Beth Gibbons heran.