Review

Austra

Future Politics

Domino • 2017

Gerade als US-amerikanische Band mit Gewissen als auch Sendungsbewusstsein ist man dieser Tage ja beinahe gezwungen, sich politisch zu äußern und deutlich Meinung zu bekennen. Umso erfreulicher, dass auch die Kanadier von Austra mit ihrem dritten Album über den Tellerrand der eigenen Landesgrenzen hinausschauen und so plakativ wie einfallsreich Haltung zeigen. Das gelingt ihnen, indem sie die Form des Protestsongs auf das Genre Elektropop übertragen. Über dem minimalistischen Sounddesign aus kalten Synthflächen und durchstampfenden Four-to-the-floor-Beats thront der schwelgerisch verhallte Gesang von Mastermind Katie Stelmanis, dem es gelingt, die ein oder andere Ohrwurm-Melodie zwischen Dancefloor und Demo zu verstecken. »Future Politics« klingt insgesamt sehr nach 90ies, doch seltene Drops und modernere Sound-Texturen holen das Album dann doch wenigstens in die Gegenwart. Die größtenteils explizit politischen Texte sind Aufrufe zum Handeln. Die Apokalypse kann abgewendet werden, wenn wir nur alle die Hoffnung an eine bessere Welt nicht aufgeben. Dafür müssen wir natürlich alle erstmal aufwachen und raus aus unseren plüschigen Filterblasen, was Austra dann auch nicht ohne eine gewisse Selbstkritik thematisieren, indem Katie Stelmanis gleich im ersten Song fragt: »Doctor, what’s the cure for apathy?« Daneben ist dann sogar noch Platz, ihre letzte Beziehung aufzuarbeiten, wobei deutlich wird, dass in der Liebe das Gleiche gilt wie in der Politik: Ändern kann nur der etwas, der überhaupt etwas tut.