Review

Husten

Husten

Kapitaen Platte • 2017

Indie-Supergroups sind für die meisten unter 25-jährigen zwar nicht annähernd so interessant wie WhatsApp für über 50-jährige, aber wenn sich eine so illustre Runde der deutschen Indie-Historie zusammentut, heißt es kurz mal aufzuschauen vom Smartphone. Husten schicken sich an, die Ära des Verbs im deutschen Indieband-Namensuniversum einzuläuten. Die Band besteht aus Produzentenlegende Moses Schneider, der von Turbostaat bis AnnenMayKantereit, von den späten Tocotronic bis zum letzten K.I.Z.-Album überall seine Finger im Spiel hatte, dem Barden der späten 2000er Gisbert zu Knyphausen und dem dünnen Mann, seines Zeichens Sänger der schon lange vergessenen Band Viktoriapark. Ursprünglich brauchte es für die Verfilmung von Tino Hanekamps »Sowas von da« einen Soundtrack, doch als das Filmprojekt platzte hatte die von Schneider aufgebaute Band ihre Funktion verloren. Man hatte keine Lust auf Proberaum, keine Lust auf Live-Auftritte, keine Lust auf Alben. Also kramten die drei Veteranen alte Song-Überbleibsel aus den letzten 20 Jahren hervor und einigten sich darauf, fortan jedes Jahr eine EP herauszubringen. Teil Eins dieser Reihe ist dieses selbstbetitelte Debüt, eine Zusammenstellung fünf locker vor sich hin krachender Nummern, die Erinnerungen wach rufen an Zeiten, als die Jugendlichen im Land noch stundenlang MTV glotzten und sich einen Ast freuten, wenn endlich das neue Video der Beatsteaks oder von Wir sind Helden lief. Auch die Texte atmen den Geist dieser Zeit, sie wirken teilweise so gestrig-unoriginell – »Rumhängen mit den geilen Typen« (»Bis einer heult«), »Heute wegen gestern geschlossen« (»Sowas von da«), »Aufs Herz gefallen – Liebe kaputt« (»Liebe kaputt«) – dass es schon wieder sympathisch wird ob der ganzen Abgeklärtheit da draußen. Und wer bei »Liebe kaputt« nicht wieder nach den alten Tomte-Platten kramt, kann wahrscheinlich auch nichts mit Indie-Supergroups anfangen.

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