Review

LCD Soundsystem

American Dream

Columbia • 2017

Endlich, endlich hat James Murphy eingesehen, dass die Welt nicht nur Reunion-Shows von LCD Soundsystem auf großen Festivals, sondern ein neues Album braucht. Als eine der Konsens-Bands des letzten Jahrzehnts galt Murphy seit dem Durchbruch mit »Losing My Edge« als Sprachrohr alternder Pop-Intellektueller, als eine Art Dancepunk-Morrissey. Mit dem vierten Album »American Dream« gelingt ihm nicht nur ein fulminantes Comeback; LCD Soundsystem schaffen es auch ihr Standing zu untermauern und gleichzeitig zu transzendieren. Von persönlichen Befindlichkeiten wie Verlustängste oder eben das Altern im die Jugend glorifizierenden Pop-Markt abstrahiert Murphy nun nämlich auf gesamtgesellschaftliche Kontexte, was ja bereits der Titel nahelegt. Auf »American Dream« geht es um große Abschiede: von Freunden, Geliebten und Vorbildern bis hin zum amerikanischen Traum. Zwischen den Polen Post-Punk, New Wave, Disco und Electro-Pop croont und singt Murphy nun streckenweise mit voller Inbrunst anstatt sich ausschließlich auf seinen bekannten Vortragsstil zu beschränken, den man etwa in »Other Voices« aber noch immer findet. Zusammen mit Hot-Chip-Gitarrist Al Doyle weben LCD Soundsystem dazu noch Elemente aus Krautrock und Ambient in ihren neuen Sound ein. Die Tracks sind dabei klar strukturiert, auch wenn sie im Durchschnitt fast sieben Minuten lang sind, Knalleffekte sind mit sicherem Händchen eingestreut und der Spannungsbogen trägt locker über die gute Stunde Spielzeit. Weder altersmilde noch nostalgisch bleiben LCD Soundsystem weiterhin relevant, auch wenn man aus dem abschließenden Abgesang auf Murphys Helden David Bowie (»Black Screen«) auch als endgültigen Abschied lesen kann.