Macadam Mambo – Lyon zurück auf der Karte

21.06.2018
Foto:Marko Vuleta-Djukanov
In den letzten Jahren sind Exotika-Labels aus dem Boden geschossen wie Gemüse in Urban Gardening-Flächen. Seit 2012 ist das Lyoner Label Macadam Mambo nicht nur eines der interessantesten unter allen, sondern auch eines der bestgemachten.

Das Selectortum hat in den letzten Jahren nicht nur verdammt interessante Musik erst ins Club- und dann ans Tageslicht befördert. Es hat ganze Städte wieder auf die musikalische Landkarte gesetzt. Lyon zum Beispiel. Das Webradio LYL ist ein wichtiger Faktor. 24/7 kann man hier andersartige Musik kennenlernen. Und Macadam Mambo Das Label von Sacha Mambo, Szene-Derwisch mit leicht schratigem Aussehen. Mit graumeliertem Haar und Bart versammelt Sacha Mambo eine ganze Schar von Produzent*innen aus Frankreich, Japan, Deutschland und dem Rest der Welt. Mit einem ungeahnten neuen Fixpunkt: Lyon.


Die Schallplatten des Labels Macadam Mambo findest du bei uns [im Webshop](https://www.hhv.de/shop/de/macadam-mambo-vinyl-cd-tape/i:D2L33918N4S6U9)


2008 traf Mambo den DJ Guillaume Des Bois in Paris, wo er damals lebte. Die beiden starteten eine Partyreihe und vier Jahre später auch das gemeinsame Label. Mittlerweile hegt und pflegt es Sacha Mambo alleine. Do-It-Yourself wird in Lyon groß geschrieben. Ohne Promoter-Schar und nur mit einem kleinen Vertrieb (Syncrophone) an seiner Seite. Direkter Kontakt zu den Künstler*innen, zu den Plattenläden und zu den Fans wird groß geschrieben. »Ich bin bestrebt organisch zu arbeiten. Ich bin ein großer Fan vom altmodischen Newsletter. Ich mache von der Buchhaltung, über Edits bis zur Covergestaltung vieles alleine«, erzählt Sacha Mambo im Interview. Er sei genervt von all den schlecht gemachten Labels ohne Idee, die allein auf Geldmacherei aus seien. »Im Mittelpunkt steht das Überleben mit dem Label. Darüber hinaus freue ich mich häufiger mal auflegen und mich mit fantastischen Menschen austauschen zu können.«

Trotz der DIY-Herangehensweise hat das Label inzwischen einen beachtlichen Katalog vorzuweisen. Über 40 Veröffentlichungen in gerade mal sechs Jahren. Die Dringlichkeit gute Musik unter die Leute zu bringen, treibt an. Mit großen Augen und echter Euphorie erzählt Sacha Mambo etwa von Eva Geist die gerade ihre zweite Platte auf dem Label veröffentlicht hat: »Sie hat einen ganz eigenen Sound, der sowohl vom Drumming als auch von den Melodien gerade ziemlich einzigartig erscheint. Da ist ganz viel Persönlichkeit mit drin. Das ist relevant.«

Relevanz, das Wort fällt häufig; wenn auch in einem robusten Französisch-Englisch ausgesprochen: »pertinent«. Relevanz spricht er allen Platten auf dem Label zu: Den Disco-Edits, mit denen man begann, den Post-Punk-Tracks, den Wave-Singles und eben auch den neueren Exkursen in Krautmusik von eben Eva Geist oder Eiger Drums Propaganda – 50% des Rave-Jungle-Duos The Pilotwings, die auch aus Lyon stammen.

»Platten müssen ja auch nicht gespielt werden, sondern gekauft.«

Sacha Mambo
Die Stadt selbst solle doch auch wieder relevanter werden, und die Szene sowieso. Dabei ist man schonmal bei dem Versuch gescheitert: Die Residency im Club »Le Sucre« – manch einer spricht vom französischen Robert Johnson – gab man nach knapp zwei Jahren auf. Das Publikum war noch nicht bereit für elektronische Tanzmusik abseits von House und Techno. Doch Mund-Abwischen und Weitermachen war angesagt. »Auch danach habe ich nicht aufgesteckt. Musik, die unerwartet und unbekannt klingt, muss immer rausgebracht werden. Und das ist mein Job. Platten müssen ja auch nicht gespielt werden, sondern gekauft. Macadam Mambo ist ein Label für Platten, die als Produkt passen. Musikalisch, Styling, Aufmachung. Das muss stimmen.«

Für Sacha Mambo steht fest: Man soll nur Platten veröffentlichen, die man selber kaufen würde. Dafür bricht man hier und da auch mal Herzen, nimmt zumindest in Kauf, Freunden mal vor den Kopf zu stoßen. Er habe ein großes Problem damit, als Labelbetreiber herrisch rüber zu kommen. Aber im gemeinsamen Austausch entstehe dann doch meistens etwas Besseres, etwas – man ahnt es schon – Relevantes.

Das Konzept geht auf: Sowohl die Käuferschaft hat sich über die Jahre als treu erwiesen, als auch das Roster. Die meisten Acts veröffentlichen nicht nur einen Track oder eine 12“ auf dem Label. Die beiden japanischen Acts Jin-Cromanyon und Mori-Ra gehören da genauso zu wie Labelfreund Albion oder vorgenannte Andrea Noce (Eva Geist). Auch konnten Produzenten wie Traxx oder Ober Mannkind ›überredet‹ werden, die für ihre sorgfältig ausgewählte Diskographie bekannt sind.

»Ein Label ist wie ein Kind. Man zieht es groß und stößt es nicht ab, nur weil mal etwas nicht gepasst hat. Die künstlerische Guideline habe ich in meinem Kopf und die möchte ich konsequent weiterverfolgen«, so Sacha Mambo. Über zukünftige Veröffentlichungen redet man dann auch gar nicht. Das würde nicht passen. So Floskeln wie ›man darf gespannt sein‹, kann man sich im Zusammenhang mit Macadam Mambo sparen; denn Spannung will nicht so richtig aufkommen. Man kann nämlich sicher sein, dass die nächste Platte ein weiterer Exkurs in spannende Musik wird.


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