Funk Ex Machina – Getanzte Jugendkultur

24.01.2011
Foto:Kampnagel
Der Tänzer und Choreograph Johnny Lloyd verbindet in seinem Stück __Funk Ex Machina__ zeitgenössischen Tanz mit Elementen aus der HipHop-Kultur. Und Samy Deluxe ist auch dabei.

Ausladend und dunkel erstreckt sich die Bühne im K6, der mit 850 Plätzen größten Spielfläche im Hamburger Kulturzentrum Kampnagel. Auf dem Weg zu den Plätzen war der Besucher an in Blaumännern gekleideten Beatboxern vorbeigelaufen, die unter der riesigen Tribünenkonstruktion willkürlich postiert ihrer Kunst nachgingen. Das K6 ist an diesem Abend nicht komplett ausverkauft, aber doch sehr gut gefüllt. Funk Ex Machina heißt das Stück, das die Menschen sehen wollen. Langgezogene Gangkonstruktionen fungieren als Bühnenzugang. Pünktlich betritt Samy Deluxe durch einen dieser Gänge die dunkle Bühne. Mit Rucksack, Timbs und breiten Hosen erinnert er an die 1990er Jahre und heißt die Zuschauer, begleitet von düsteren, industriellen Beats, willkommen. Ehe man sich versieht, ist er auch schon wieder weg und die Bühne ist bereitet für die sechs Tänzer um Choreograph Johnny Lloyd. Der 1976 in Bolivien geborene Lloyd kombiniert seit geraumer Zeit afrikanische Tänze, HipHop-Elemente und zeitgenössische Tänze zu einem neuen Genre, für das ein Name noch nicht erfunden wurde. Der Dynamik des Tanzstils Rechnung tragend nutzen die fünf Tänzer und eine Tänzerin die gesamte Bühnenfläche. Gemeinsame Choreographiebestandteile werden urplötzlich von einer anarchistisch anmutenden »jeder wie er möchte«-Prämisse abgelöst, die sodann wieder in koordinierte Bahnen einmündet.

Pünktlich betritt Samy Deluxe durch einen dieser Gänge die dunkle Bühne. Mit Rucksack, Timbs und breiten Hosen erinnert er an die 1990er Jahre und heißt die Zuschauer, begleitet von düsteren, industriellen Beats, willkommen.

Die Tanzeinlagen haben teilweise ihre Längen, zeichnen sich aber immer wieder durch gute Einfälle aus. So etwa durch die Einbindung einer Videokamera, deren Lichtkegel die einzige Lichtquelle auf der riesigen, unbeleuchteten Bühne darstellt. Ihre Inhalte werden live auf eine riesige Leinwand im Hintergrund projiziiert und so sieht man Lloyds tanzenden Füße plötzlich aus der Ich-Perspektive. Das Auge des Beobachters springt zwischen der Realität und der Meta-Ebene hin und her und vermag nirgends lange zu verharren. Nach einer guten halben Stunde ziehen sich die Tänzer zurück. An ihrer Stelle betritt ein Beatbox-Chor um Guido Höper, die Bühne. Genau die, die eben noch als lebende Kunstinstallation im Eingangsbereich wirkten. Vor allem der Auftritt von Höper ist sehr ansprechend und verleitet die Besucher zu spontanem Szenenapplaus. Samy übernimmt nun und rappt über Time Flies der schwedischen Sängerin Lyyke Li einige Zeilen. Das ist so gut, dass man sofort wieder weiß, warum man Herr Sorge in fernen Jugendtagen in den Himmel und zurück gefeiert hat. Doch von längerer Dauer ist dieser Gänsehautmoment nicht, da unmittelbar darauf die Tänzer zurückkehren und zu ihrer zweiten halben Stunde ansetzen. Alles in allem ein kurzweiliger Abend, dem – wenn man unbedingt einen Kritikpunkt suchen möchte – etwas mehr Bühnenzeit für die Disziplinen Rap und Beat Box sicherlich nicht geschädet hätte. Eher im Gegenteil.